Region Rhein-Ruhr: Tolerant in den Städten trotz Strukturschwächen

Expertengespräch zum SVR-Integrationsbarometer stellt Ergebnisse des Vergleichs der Rhein-Ruhr-Region mit anderen Ballungsgebieten vor: Bevölkerung toleranter/ Zusammenleben in ethnisch gemischten Nachbarschaften dennoch als schwierig erlebt/ Bildungsförderung in strukturschwächeren Gebieten besonders dringend

Düsseldorf, 15. Juni 2010. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) stellte heute gemeinsam mit der Stiftung Mercator, der Bertelsmann Stiftung und der Vodafone Stiftung Deutschland bei einem Fachgespräch mit Experten aus Politik und Praxis die Ergebnisse seines Jahresgutachtens mit Integrationsbarometer für die Region Rhein-Ruhr vor.

Die Auswertungen des Integrationsbarometers zur Region Rhein-Ruhr zeigen, dass die Bevölkerung dort im Vergleich zu den Ballungsräumen Stuttgart und Rhein-Main toleranter ist und von Zuwanderern seltener erwartet, religiöse und kulturelle Lebensweisen aufzugeben. Während in allen drei Regionen nur selten Assimilation gefordert wird, sind solche Erwartungen im Raum Stuttgart höher, in der Region Rhein-Ruhr niedriger: Nur 20,0 bzw. 21,3 Prozent der Mehrheits- und der Zuwandererbevölkerung erwarten eine teilweise Aufgabe der kulturellen und religiösen Lebensweisen. „Vielfalt ist mittlerweile Normalität in Deutschland. Die wachsende Vielfalt geht uns alle an und eröffnet unserem Land große Chancen. Wenn unsere Gesellschaft Zuwanderern bessere Perspektiven in Bildung, Politik und Wirtschaft bietet, können sie ihr Potenzial noch mehr entfalten und eine aktivere Rolle spielen. Wir brauchen dazu ein neues Wir-Gefühl, um den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken“, kommentiert Dr. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung die Ergebnisse. In städtischen Kerngebieten mit hohen Zuwandereranteilen zeigt sich zudem ein besonders pragmatischer Umgang miteinander, bei dem interessanterweise die Zuwandererbevölkerung selbst in stärkerem Maße eine Abkehr von mitgebrachten Lebensweisen fordert als die Mehrheitsbevölkerung.

Das Zusammenleben in ethnisch gemischten Nachbarschaften wird in der Region Rhein-Ruhr dennoch als etwas schwieriger erlebt als in den beiden anderen Ballungsräumen. So halten in den Regionen Stuttgart und Rhein-Main 66,4 Prozent aller Befragten das nachbarschaftliche Zusammenleben für spannungsfrei, im Raum Rhein-Ruhr hingegen nur 62,0 Prozent.

Für die Rhein-Ruhr-Region als einem Gebiet mit höherer Arbeitslosigkeit belegt das Integrationsbarometer, dass das Vertrauen in verschiedene Herkunftsgruppen niedriger ist als in Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit. „Die Förderung sozialer Mobilität und die Realisierung von Aufstiegschancen ist für unsere Stiftung vor diesem Hintergrund eine Kernaufgabe auch im Hinblick auf die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in unserem Land”, so Dr. Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Deutschland.

Den hohen Stellenwert, der der Bildung in strukturschwachen Regionen zukommt, haben Mehrheits- wie Zuwandererbevölkerung in der Rhein-Ruhr-Region erkannt: Sie sehen Bildung als Investition in die Zukunft. 98,4 Prozent der Mehrheitsbevölkerung und 97,6 Prozent der Zuwanderer meinen, dass sich Zuwanderer um gute Schul- und Berufsabschlüsse bemühen sollen. Auch gute Deutschkenntnisse werden von 95,0 Prozent der Mehrheitsbevölkerung und 96,4 Prozent der Zuwanderer in Rhein-Ruhr für wichtig gehalten. „Die Ergebnisse des Integrationsbarometers bestätigen, dass die Menschen in der Region Rhein-Ruhr ein pragmatisches und positives Bild vom Stand der Integration haben und Toleranz im Alltag selbstverständlich ist. Die Zahlen zum Qualifizierungs- und Bildungsniveau zeigen aber auch, dass hier noch viel zu tun ist. Die Stiftung Mercator engagiert sich deshalb neben dem Sachverständigenrat auch für konkrete Praxisprojekte wie den Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, ProDaZ, Ganz In und Chance², um bessere Bildungsabschlüsse für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund zu ermöglichen“, erklärte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung Mercator, Dr. Bernhard Lorentz.

Für das Integrationsbarometer des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration wurden insgesamt zirka 5.600 Personen, darunter 1.880 in der Region Rhein-Ruhr, telefonisch zu ihren Einschätzungen und Erfahrungen mit der Integration von Zuwanderern befragt. Die Gesamtauswertung im Jahresgutachten 2010 des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration steht im Netz unter:
Publikation

Grafik „religiöse und kulturelle Lebensweise nach Region“

Grafik „Leben in Nachbarschaften nach Region“

Pressemitteilung “Region Rhein-Ruhr: Tolerant in den Städten trotz Strukturschwächen”

Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an:

Christiane Duwendag
Stiftung Mercator
Leiterin Kommunikation
Tel. 0201-24522-42
duwendag[at]stiftung-mercator.de

Dr. Anke Knopp
Bertelsmann Stiftung
Project Manager
Tel. 05241-8181305
anke.knopp[at]bertelsmann-stiftung.de

Danyal Alaybeyoglu
Vodafone Stiftung Deutschland
Pressesprecher
Tel. 0211-5336786
Danyal.alaybeyoglu[at]vodafone.com

Dr. Gunilla Fincke
SVR GmbH
Geschäftsführung
Tel. 030-288 86 59-0
info[at]svr-migration.de

Über den Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresbericht veröffentlicht.
Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Klaus J. Bade (Vorsitzender), Prof. Dr. Ursula Neumann (Stellv. Vorsitzende) sowie Prof. Dr. Michael Bommes, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu, Prof. Dr. Christine Langenfeld, Prof. Dr. Werner Schiffauer, Prof. Dr. Thomas Straubhaar und Prof. Dr. Steven Vertovec.