Pressemitteilung – Sachverständigenrat

SVR zur morgigen Beratung sicherer Herkunftsländer im Bundesrat: Aufnahme der Maghreb-Staaten und Georgiens durch Möglichkeiten bedarfsgerechter Erwerbszuwanderung flankieren

Die Bundesregierung will Tunesien, Algerien, Marokko und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Erklärtes Ziel ist es zum einen, die Asylverfahren zu beschleunigen, und zum anderen, Staatsangehörige der betreffenden Länder von einem aussichtslosen Asylantrag abzuhalten. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) unterstützt diese Ziele grundsätzlich, v. a. damit die Bevölkerung die humanitäre Aufnahme weiterhin unterstützt. Zugleich sollten den Bürgerinnen und Bürgern dieser Staaten außerhalb des Asyls legale Möglichkeiten eröffnet werden, nach Deutschland zu kommen, um hier zu arbeiten.

Berlin, 20. September 2018. Die Bundesregierung unternimmt einen neuen Anlauf, um die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko sowie Georgien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Sie begründet das mit ihrer Einschätzung der Situation in diesen Ländern und damit, dass nur sehr wenige Asylanträge aus diesen Ländern anerkannt werden. Außerdem geht die Bundesregierung davon aus, dass diese Einstufung dazu beiträgt, die Verfahren zu beschleunigen und Menschen, die Armut und Perspektivlosigkeit entfliehen wollen, zu signalisieren, dass ihr Asylantrag aller Voraussicht nach abgelehnt werden wird. Morgen wird der Bundesrat über den entsprechenden Gesetzesentwurf beraten.

Der SVR unterstützt das von der Bundesregierung verfolgte Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen und die Zuwanderung nach Deutschland in die dafür gedachten Kanäle zu lenken und zu entflechten. Das würde bedeuten, dass künftig weniger Menschen, die nicht aus humanitären Gründen nach Deutschland kommen, den für sie falschen Weg des Asylverfahrens beschreiten. Bestimmte Länder als sichere Herkunftsstaaten zu deklarieren, ist ein mögliches asylpolitisches Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. Dies gilt umso mehr, wenn im Gegenzug die in Deutschland bereits bestehenden Möglichkeiten einer legalen Einreise zur Erwerbstätigkeit in den entsprechenden Ländern besser kommuniziert und ggf. um weitere Optionen ergänzt werden. Der SVR-Vorsitzende Prof. Thomas Bauer führt aus: „Die Zuwanderungsmöglichkeiten nach Deutschland können je nach Herkunftsland und der Qualifikation seiner Bevölkerung sowie entsprechend dem Bedarf des deutschen Arbeitsmarkts unterschiedlich gestaltet werden: Vorstellbar sind etwa bestimmte Programme für Studierende oder Saisonarbeitskräfte. Ein Beispiel dafür ist die sog. Westbalkanregelung, auch wenn diese sich sicher nicht 1:1 auf andere Länder übertragen lässt.“

Eine entsprechende staatliche Steuerung trägt dazu bei, die Akzeptanz der heimischen Bevölkerung für den Fachkräftezuzug auf der einen sowie für die humanitäre Aufnahme auf der anderen Seite zu erhalten. Das SVR-Integrationsbarometer 2018 zeigt, dass die Bevölkerung die Aufnahme Schutzbedürftiger zwar mehrheitlich befürwortet, gleichzeitig aber eine Zuzugsbegrenzung wünscht. Prof. Bauer betont: „Da der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung bestehen bleibt, können auch weiterhin diejenigen mit einem begründeten Schutzanspruch aus den betroffenen Ländern dies im Verfahren darlegen. Der SVR befürwortet das Anliegen, den Bedarf besonders vulnerabler Flüchtlingsgruppen durch eine spezielle Rechtsberatung zu berücksichtigen. Wir appellieren an das BAMF, das laut Gesetzesentwurf geplante Konzept für eine solche Rechtsberatung zügig zu entwickeln und zu implementieren.“ Grundsätzlich kann nach Auffassung des SVR eine flächendeckende unabhängige Asylverfahrensberatung die nötige Beschleunigung von Asylverfahren und Rückführung sinnvoll flankieren. Das erhöht nicht nur die Transparenz für die Asylbewerber und -bewerberinnen, sondern auch die Akzeptanz möglicher negativer Bescheide und kann dazu beitragen, aussichtslose Klagen zu verringern. „Dies ist umso wichtiger, als Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern vom Integrationskursbesuch ausgeschlossen sind und auch keiner Arbeit nachgehen dürfen. Nur wenn ihre Verfahren rasch und rechtssicher durchgeführt werden können und ihre Rückkehr zeitnah erfolgt, ist das ordnungspolitisch begründete und legitime Aussetzen entsprechender Maßnahmen auch integrationspolitisch akzeptabel“, so der SVR-Vorsitzende.

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Über den Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören sieben Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stifterverband und Vodafone Stiftung Deutschland. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und interdisziplinär besetztes Expertengremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresgutachten veröffentlicht.

Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Thomas K. Bauer (Vorsitzender), Prof. Dr. Hacı Halil Uslucan (Stellvertretender Vorsitzender), Prof. Dr. Petra Bendel, Prof. Dr. Claudia Diehl, Prof. Dr. Viola B. Georgi, Prof. Dr. Christian Joppke, Prof. Dr. Sieglinde Rosenberger, Prof. Dr. Daniel Thym und Prof. Dr. Hans Vorländer.