Glossar

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A

Abschiebung: Eine Abschiebung (auch Rückführung) ist die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht, wenn eine → ausländische Person keinen  Aufenthaltstitel (mehr) besitzt. Eine Abschiebung wird durchgesetzt, wenn die Ausreise vollzogen werden kann (→ Ausreisepflicht/vollziehbare Ausreisepflicht) und die betroffene ausländische Person innerhalb der ihr gesetzten Ausreisefrist nicht selbständig ausgereist ist. Mit einer Abschiebung können Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs verbunden sein; auch wird ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot mit ihr ausgesprochen.

Anerkennung ausländischer Abschlüsse/Anerkennungsgesetz: Das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ (kurz „Anerkennungsgesetz“) erleichtert es Fachkräften aus dem Ausland, ihre beruflichen Qualifikationen auf dem deutschen Arbeitsmarkt anerkennen zu lassen. Seit dem 1. April 2012 haben Personen, die ihren Berufsabschluss im Ausland erworben haben, einen Rechtsanspruch darauf, ihren Abschluss mit den Anforderungen an denselben Beruf in Deutschland vergleichen zu lassen. Im Anerkennungsverfahren wird geprüft, inwiefern der im Ausland erworbene Abschluss einem in Deutschland erworbenen gleichwertig ist. Wenn sich die Ausbildungsinhalte wesentlich unterscheiden und dies nicht durch einschlägige Berufserfahrung ausgeglichen wird, muss eine Ausgleichsmaßnahme absolviert werden. Die fehlenden Inhalte werden in einem Zwischenbescheid beschrieben. Die betreffende Person kann in dem Fall entweder einen Anpassungslehrgang absolvieren, der die festgestellten Unterschiede adressiert und mit einem Abschlussgespräch oder einer Prüfung endet, oder eine Eignungs- bzw. Kenntnisprüfung ablegen. In → reglementierten Berufen ist die Anerkennung Voraussetzung für die Berufsausübung.

Anerkennungsquote: s. → Schutzquote

Ankerzentrum: Das Akronym AnkER steht für Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehrzentren. Es handelt sich um ein Unterbringungskonzept für → Asylsuchende, das im Koalitionsvertrag der Großen Koalition von März 2018 vereinbart wurde. Ziel der Ankerzentren ist es, die → Asylverfahren effizienter zu gestalten, bei Menschen mit Bleibeperspektive früh mit Integrationsangeboten zu beginnen und im Falle ablehnender Entscheidungen den Prozess der Rückkehr zügig einzuleiten. Wie schon die → Ankunftszentren vereinen sie dafür alle Schritte des Asylverfahrens und alle beteiligten Behörden unter einem Dach. Die bestehenden Strukturen sollen um eine Asylverfahrensberatung, herkunftssprachliche Wertevermittlung und → Erstorientierung, Rückkehrberatung und Rechtsantragstellen erweitert werden. Mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen sollen alle Asylsuchenden für die gesamte Dauer des Asylverfahrens in solchen Zentren untergebracht werden. Wie die Zentren genau ausgestaltet werden sollen, hat der Bund nicht im Einzelnen vorgegeben; die Länder können hier eigene Schwerpunkte setzen.

Ankunftszentrum: Ankunftszentren wurden 2016 als Kernelement des sog. integrierten Flüchtlingsmanagements eingeführt. Sie sollen die  Asylverfahren beschleunigen und effizienter machen, indem sie Verfahrensschritte bündeln, die vorher auf mehrere Stationen verteilt waren. Dies umfasst alle Schritte von der ärztlichen Untersuchung, der Erfassung der persönlichen Daten der Asylsuchenden und der Identitätsprüfung über die Antragstellung, die Anhörung und die Entscheidung über den Asylantrag durch das Bundesamt bis hin zur Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur. Nach Möglichkeit findet so das gesamte Asylverfahren unter einem Dach statt.

Arbeitsmigration: Als Arbeitsmigration bezeichnet man die Ein- bzw. Auswanderung von Personen mit dem Ziel, in einem anderen als ihrem Herkunftsland erwerbstätig zu werden (→ Einwanderung). Bei dieser Form von Migration spricht man auch von arbeitsmarktbezogener Zu- bzw. Abwanderung. Die Erwerbstätigkeit ist ein eigener Aufenthaltszweck im Aufenthaltsgesetz. Für eine Zuwanderung nach Deutschland zum Zweck der Erwerbstätigkeit ist in der Regel eine anerkannte Qualifikation Voraussetzung (→ Anerkennung ausländischer Abschlüsse). Eine Ausnahme bildet die Zuwanderung im Rahmen der → ‚Westbalkan-Regelung‘. Für Hochqualifizierte gibt es besondere Regelungen im Rahmen der → Blauen Karte EU. Für beruflich qualifizierte Migrantinnen und Migranten hat das → Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Zuwanderung deutlich erleichtert. Außerdem können jetzt auch Ausbildungsinteressierte einreisen, um einen Ausbildungsplatz zu suchen.

Asylbewerber/Asylsuchender/Flüchtling: Die Begriffe „Asylbewerber“ bzw. „Asylbewerberin“ und „Flüchtling“ werden im alltäglichen Sprachgebrauch oft synonym verwendet. Es bestehen jedoch Unterschiede. Ganz allgemein werden als Flüchtlinge (oder Geflüchtete) Menschen bezeichnet, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Flucht wiederum kann beschrieben werden als eine unfreiwillige Bewegung von einem Wohnort oder Gebiet in ein anderes Gebiet oder ins Ausland, um einer als unhaltbar angesehenen Lebenssituation zu entgehen. Was genau eine Flucht ausmacht, wird jedoch auch in der Wissenschaft debattiert. Oft sind die Übergänge von Flucht und sonstigen Migrationsbewegungen fließend. Rechtlich gelten als Flüchtlinge (sog. anerkannte Flüchtlinge) nur diejenigen, deren Asylantrag erfolgreich war und die Schutz nach dem Grundgesetz oder in Anlehnung an die → Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) erhalten haben.

Insgesamt gibt es fünf verschiedene Arten des Schutzes in Deutschland. (1) Die meisten Flüchtlinge werden auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention oder (2) als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt. Subsidiärer Schutz kann gewährt werden, wenn die individuelle Verfolgung nicht nachgewiesen werden kann, aber damit gerechnet werden muss, dass der Person z. B. die Todesstrafe oder Folter droht oder wenn Lebensgefahr aufgrund eines bewaffneten Konflikts besteht. (3) Nur bei einer sehr geringen Zahl der Anträge wird Schutz auf Grundlage des Grundgesetzes (§ 16a) bewilligt, das ausschließlich politisch Verfolgten ein Asylrecht gewährt. (4) Darüber hinaus wird in zahlreichen Fällen auch ein Abschiebungsverbot festgestellt (insbesondere, wenn für die Person bei einer → Abschiebung in einen anderen Staat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht). (5) Ebenfalls in die Kategorie rechtlich anerkannter Flüchtlinge gehören Personen, die im Rahmen von →  Aufnahmeprogramme aus dem Ausland (z. B. aus einem Flüchtlingslager) aufgenommen wurden. Sie müssen kein Asyl beantragen. Einen Sonderfall bilden Personen, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach §24 AufenthG erteilt wurde (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz auf Grundlage der EU-Massenzustrom-Richtlinie). Auch sie müssen kein individuelles Asylverfahren durchlaufen. Dies betrifft zur Zeit ausschließlich Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.

Flüchtlinge, die noch keinen Antrag gestellt haben, werden als Asylsuchende bzw. Asylbegehrende bezeichnet. Sie werden nach ihrer Einreise im sog. EASY-System registriert (Erstverteilung der Asylbegehrenden auf die Bundesländer). Mit diesem IT-System werden die Asylbegehrenden unter Anwendung des sog.  Königsteiner Schlüssels zahlenmäßig auf die einzelnen Bundesländer verteilt.

Asylbewerber und Asylbewerberinnen sind solche im laufenden Verfahren, d. h. Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, über den aber noch nicht entschieden wurde. Personen, deren Asylantrag nicht bewilligt wurde, die aber (aus verschiedenen Gründen) nicht ins Herkunftsland oder einen Drittstaat zurückgeführt werden können, erhalten eine kurzfristige  Duldung. Geduldete sind zwar keine rechtlich anerkannten Flüchtlinge, werden aber im alltäglichen Sprachgebrauch häufig auch als Flüchtlinge bezeichnet.

Asylbewerberleistungsgesetz: Im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) werden Höhe und Form der Leistungen geregelt, auf die Asylbewerber und Asylbewerberinnen in Deutschland Anspruch haben. Die Leistungen dienen der Sicherung des Grundbedarfs. Das Gesetz gilt für  Asylbewerber und Asylbewerberinnen, aber auch für  vollziehbar Ausreisepflichtige, Personen mit  Duldung und für andere  Ausländer und Ausländerinnen, die sich vorübergehend in Deutschland aufhalten dürfen.

Asylsuchender: s. → Asylbewerber/Asylsuchender/Flüchtling

Asylverfahren: Für die Durchführung des Asylverfahrens ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Stellt eine Person dort einen Asylantrag, gilt sie als → Asylbewerber bzw. Asylbewerberin und wird persönlich angehört. Nach Ermittlung aller relevanten Erkenntnisse wird entschieden, ob dem Asylbewerber bzw. der Asylbewerberin Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz zu gewähren ist, ob ein nationales Abschiebeverbot vorliegt oder ob der Asylantrag abzulehnen ist.

Aufenthaltserlaubnis: → Drittstaatsangehörige brauchen grundsätzlich eine Erlaubnis, um sich in Deutschland aufhalten zu dürfen. Diese Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag von der zuständigen Ausländerbehörde erteilt. Sie ist zeitlich befristet, kann aber verlängert oder, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, in eine (unbefristete) → Niederlassungserlaubnis umgewandelt werden. Die Aufenthaltserlaubnis ist zweckgebunden, sie kann z. B.  zum Zweck der Ausbildung, der Erwerbstätigkeit, der → Familienzusammenführung oder aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt werden. Abhängig vom Einzelfall kann zusätzlich zur Aufenthaltserlaubnis eine Arbeitserlaubnis erteilt werden.

Aufenthaltsgestattung: → Asylsuchende erhalten für die Dauer ihres → Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung.

Aufenthaltstitel: → Drittstaatsangehörige benötigen eine Erlaubnis zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Sie wird in Form eines Aufenthaltstitels erteilt. Es gibt in Deutschland sieben verschiedene Aufenthaltstitel, die → Aufenthaltserlaubnis, die → Blaue Karte EU, das → Visum und die beiden → ICT-Karten werden befristet erteilt. Die → Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU und die → Niederlassungserlaubnis sind unbefristet. Staatsangehörige aus Mitgliedsländern der Europäischen Union (→ Unionsbürger und ‑bürgerinnen) genießen → Freizügigkeit und benötigen keinen Aufenthaltstitel. → Asylsuchende erhalten während des → Asylverfahrens eine → Aufenthaltsgestattung.

Aufnahmeprogramme: Staatlich organisierte Aufnahmeprogramme (teils auch als „kollektive“ Aufnahmeprogramme zusammengefasst) erlauben die legale Einreise einer vorab definierten Gruppe von Schutzbedürftigen. Dabei werden Maßnahmen zum vorübergehenden Schutz (Humanitäre Aufnahmeprogramme) und dauerhafte Maßnahmen (Resettlement) unterschieden. Humanitäre Aufnahmeprogramme zielen vor allem darauf ab, einer Gruppe von → Flüchtlingen in akuten Krisensituationen (z. B. bei einem Bürgerkrieg) schnell Zuflucht zu gewähren. Beim Resettlement handelt es sich um die Neuansiedlung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, die sich in Erstaufnahmestaaten aufhalten und dort keine positive Zukunftsperspektive haben, aber auf absehbare Zeit auch nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können. Nationalstaaten können zusätzliche Kriterien (z. B. besondere Schutzbedürftigkeit oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe) für die Aufnahme von Kontingenten festlegen. Die Aufnahmezusage wird jedoch stets für den Einzelfall nach Prüfung der relevanten Kriterien gegeben.

Darüber hinaus gibt es in einigen Ländern sog. private finanzierte Programme (private/community sponsorship programmes), in denen sich innerhalb eines staatlichen aufgelegten Programms Privatpersonen oder zivilgesellschaftliche Gruppen aktiv an der Flüchtlingsaufnahme beteiligen, z. B. für einen bestimmten Zeitraum finanziell für den aufgenommenen Flüchtling bürgen oder ihm/ihr im Integrationsprozess zur Seite stehen.

Ausbildungspartnerschaft: Bei einer Ausbildungspartnerschaft kooperieren Herkunfts- und Zielstaat bei der Ausbildung von Zuwanderinnen und Zuwanderern. Dabei wird meist ein Teil der Ausbildung im Herkunftsstaat und ein Teil im Zielstaat absolviert. Dies soll u. a. die → Anerkennung von ausländischen Abschlüssen erleichtern.

Ausgeschöpftes Einbürgerungspotenzial: Das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial (aEP) bezieht die Zahl der → Einbürgerungen innerhalb eines Jahres auf die Gesamtzahl der → Ausländerinnen und Ausländer, die sich zum 31.12. des Vorjahres mindestens zehn Jahre in Deutschland aufhalten. Bei ihnen geht man davon aus, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach die Voraussetzungen für eine → Einbürgerung erfüllen. Das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial kann für unterschiedliche regionale Einheiten, z. B. Bundesländer, oder für einzelne Herkunftsländer berechnet werden. Demgegenüber bezeichnet die Einbürgerungsquote die Zahl der Einbürgerungen bezogen auf alle Ausländerinnen und Ausländer im Land. Diese Quote wird häufig bei der Analyse des Einbürgerungsgeschehens im internationalen Vergleich herangezogen. Sie ist jedoch weniger aussagekräftig, da ein nicht unbeträchtlicher Teil der in einem Land lebenden Ausländerinnen und Ausländer für eine Einbürgerung (noch) nicht in Frage kommt.

Ausländer: Als Ausländer und Ausländerinnen werden Personen bezeichnet, die nicht Deutsche (im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG) sind. Dazu zählen auch Staatenlose und Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit.

Ausländerwahlrecht: Als Ausländerwahlrecht bezeichnet man das aktive und passive Wahlrecht von → Ausländern und Ausländerinnen. Nur in wenigen Staaten besteht ein solches Recht auf kommunaler oder regionaler Ebene. In Deutschland und in allen anderen Mitgliedstaaten der EU dürfen → EU-Staatsangehörige an kommunalen und an Europawahlen teilnehmen.  Drittstaatsangehörige sind in Deutschland und vielen anderen EU-Staaten hingegen von Wahlen ausgeschlossen. Bei anderen politischen Beteiligungsrechten sind Ausländer und Ausländerinnen Deutschen hingegen weitgehend gleichgestellt (z. B. Meinungsfreiheit, Petitionsrecht, Versammlungs- und Vereinsfreiheit). Die Einführung eines Wahlrechts für Drittstaatsangehörige in Deutschland ist umstritten, insbesondere aufgrund von Fragen der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Ausländer und Ausländerinnen können das Wahlrecht jedoch durch  Einbürgerung erlangen.

Ausländerzentralregister: Das Ausländerzentralregister (AZR) ist eine bundesweite personenbezogene Datenbank. Darin werden Informationen über → Ausländerinnen und Ausländer, die sich in Deutschland aufhalten oder aufgehalten haben, gespeichert. Die Datei wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführt.

Ausreisepflicht/vollziehbare Ausreisepflicht: Ein → Ausländer bzw. eine Ausländerin ist ausreisepflichtig (§ 50 AufenthG), wenn er/sie nicht (mehr) über einen Aufenthaltstitel oder ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügt. Die Person hat das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen. Sie darf jedoch nicht in ein anderes europäisches Land ausreisen, in dem sie ebenfalls kein/en Aufenthaltstitel/-recht hat.

Die Ausreisepflicht kann vollzogen werden (§ 58 Abs. 2 AufenthG), wenn ein Ausländer bzw. eine Ausländerin unerlaubt eingereist ist, kein/en  Aufenthaltstitel/-recht besitzt bzw. dieser nicht verlängert oder nicht beantragt wurde oder wenn er auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen EU-Mitgliedstaats (nach dem Rückführungsabkommen) ausreisepflichtig ist. Reist die Person nicht freiwillig innerhalb der gesetzten Ausreisefrist aus, ist sie abzuschieben ( Abschiebung).

Aussiedler/Spätaussiedler: Aussiedler und Aussiedlerinnen bzw. Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen sind Personen deutscher Herkunft sowie deren Nachkommen, die ihren Wohnsitz in Osteuropa, auf dem Gebiet der ehem. Sowjetunion oder in China  (sog. Aussiedlungsgebiete) hatten, unter einem Kriegsfolgenschicksal des 2. Weltkrieges gelitten haben und die diese Gebiete im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens nach den Regelungen des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) verlassen haben. Als Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen werden Personen bezeichnet, die auf vertriebenenrechtlicher Grundlage nach dem 1. Januar 1993 zugewandert sind. Mit der Einführung der Kategorie des „Spätaussiedlers“ wurde der Zuzug weitgehend auf Personen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion begrenzt und umfasst nur noch Personen, die vor dem 1. Januar 1993 geboren wurden.

B  

Bereinigte Gesamtschutzquote: s. → Schutzquote

Bildungsausländer/Bildungsinländer: Als Bildungsausländer und ­‑ausländerinnen werden Personen mit ausländischer → Staatsangehörigkeit bezeichnet, die ihre Studienberechtigung im Ausland erworben haben und zum Studium nach Deutschland kommen. Bildungsinländer und ‑inländerinnen sind Studienanfänger mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die ihre Studienberechtigung in Deutschland erworben haben.

Bildungsmonitoring: Darunter versteht man eine kontinuierliche Beobachtung des Bildungssystems, bei der das gesamte System oder Teilbereiche systematisch und dauerhaft anhand festgelegter Indikatoren genauer untersucht und mithilfe wissenschaftlicher Methoden analysiert werden. Beispiele hierfür sind in Deutschland u. a. internationale Schulleistungsstudien (PISA, PIRLS/IGLU, TIMSS), der Ländervergleich des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) sowie die Berichterstattung von Bund und Ländern. Ziel ist eine Verbesserung und Weiterentwicklung des Bildungswesens.

Bildungssprache: Als Bildungssprache bezeichnet man ein spezifisches Sprachrepertoire, das über die Alltagssprache hinausgeht; ihre Beherrschung ist für den schulischen Erfolg essentiell. An die Schriftsprache angelehnt findet die Bildungssprache auch außerhalb des Schulkontexts Anwendung, beispielsweise in großen Teilen der Arbeitswelt, anspruchsvollen Schriftwerken oder Vorträgen. Während Schulkinder aus deutschsprachigen bildungsnahen Elternhäusern im familiären Alltag genügend bildungssprachliche Kenntnisse erwerben, sind Gleichaltrige, die in ihrer Familie überwiegend eine andere Sprache als Deutsch sprechen, ebenso wie Kinder aus deutschsprachigen bildungsfernen Elternhäusern stärker darauf angewiesen, dass Bildungssprache in der Schule vermittelt wird.

Binnenflüchtling: Binnenflüchtlinge sind Menschen, die ihren Heimatort verlassen mussten, aber keine Staatsgrenze überschritten haben, sondern innerhalb ihres Heimatlandes in eine andere Region oder Stadt geflohen sind, in der sie sich (vorerst) Sicherheit versprechen. Sie werden auch als Binnenvertriebene oder Intern Vertriebene bzw. im Englischen als Internally Displaced Persons (IDP) bezeichnet. Anders als grenzüberschreitende → Flüchtlinge fallen Binnenflüchtlinge nicht unter die → Genfer Flüchtlingskonvention. Auf internationaler Ebene setzen vor allem die rechtlich allerdings nicht verbindlichen → UN-Leitlinien zu Binnenvertreibung (Guiding Principles on Internal Displacement) sowie die (rechtsverbindliche) → Kampala-Konvention der Afrikanischen Union normative Standards für den staatlichen Umgang mit Binnenflüchtlingen.

Binnenmigration: Binnenmigration ist die Wanderung innerhalb der Grenzen eines geografisch festgelegten Gebiets, meist eines Staates. Als EU-Binnenmigration wird die Wanderung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezeichnet.

Binnenvertriebene: im Englischen Internally Displaced Persons (IDP), s. → Binnenflüchtling.

Bleibeperspektive: → Asylbewerberinnen und -bewerbern aus bestimmten Herkunftsländern wird eine gute Bleibeperspektive zugesprochen. Welche Länder dies sind, wird vom BAMF halbjährlich festgelegt. Es handelt sich um Länder, aus denen eine erhebliche Zahl von Staatsangehörigen einen Asylantrag stellt und bei denen die → Anerkennungsquote über 50 Prozent liegt. Die Einteilung hat u. a. Auswirkungen auf den Zugang zu Integrationsangeboten. So können Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive schon während des → Asylverfahrens einen → Integrationskurs besuchen. Am anderen Ende des Spektrums stehen Asylsuchende aus sog. → sicheren Herkunftsstaaten, die von Integrationsangeboten weitgehend ausgeschlossen sind und keiner Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen.

Blue Card/Blaue Karte EU: Die Blue Card bzw. Blaue Karte EU ist eine befristete  Aufenthaltserlaubnis für hochqualifizierte akademische Fachkräfte. Voraussetzung sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium und ein verbindliches Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt (s. auch  Hochqualifiziertenrichtlinie der Europäischen Union). Die Blaue Karte EU wird für maximal vier Jahre oder für die Länge des jeweiligen Arbeitsverhältnisses erteilt. Nach 33 Monaten der Beschäftigungsausübung besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf eine unbefristete → Niederlassungserlaubnis; bei Deutschkenntnissen auf dem Niveau B1 verkürzt sich diese Frist auf 21 Monate (§ 9a Abs. 6 AufenthG).

Braindrain: Unter dem Stichwort Braindrain werden die negativen Auswirkungen für Herkunftsländer diskutiert, wenn qualifizierte Arbeitskräfte das Land verlassen (→ Arbeitsmigration). Dies kann die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes und die Versorgungslage der Bevölkerung beeinträchtigen, bspw. wenn medizinisches Personal in erheblichem Umfang abwandert. Auf der anderen Seite können durch Migration Einnahmen in Form von → Rücküberweisungen generiert werden. Bei → zirkulärer Migration können Herkunftsländer davon profitieren, wenn Migrantinnen und Migranten Kompetenzen oder Qualifikationen im Zielland erworben oder Netzwerke geknüpft haben und diese nach ihrer Rückkehr vor Ort einsetzen.

C

Community Interpreting: Der Begriff bezeichnet in Deutschland ein breites Spektrum von sog. Gemeindedolmetschdiensten und Sprachmittlungspools. Diese werden vor allem von (gemeinnützigen) privaten Trägerinnen und Trägern (u. a. → Migrantenorganisationen) realisiert, mitunter aber auch von Kommunen oder mit kommunaler Beteiligung, um Menschen ohne hinreichende Deutschkenntnisse in verschiedenen Lebensbereichen durch Sprach- und mitunter auch Kulturmittlung zu unterstützen (z. B. bei Arztbesuchen oder Behördengängen). Die Vielfalt der bestehenden strukturellen und personellen Settings macht es schwierig, Community Interpreting einerseits von ‚reiner‘ Laiensprachmittlung und andererseits von professionellen Dolmetschdiensten präzise abzugrenzen. In der Regel sind die im Community Interpreting eingesetzten Sprachmittelnden bilinguale Personen, die ihre Muttersprache übersetzen. Ihr Qualifikationsniveau kann zwar sehr unterschiedlich sein, aber anders als bei Laien und Laiinnen stellen beim Community Interpreting die Vermittlungsstellen sicher, dass die sprachmittelnden Personen mindestens eine Fortbildung in Techniken des Dolmetschens absolviert haben und ihre Sprachkompetenz einem bestimmten Niveau entspricht.

D

Diaspora: Der Begriff der Diaspora ist vielfältig und in der Wissenschaft nicht eindeutig definiert. In der Migrationsforschung versteht man darunter in der Regel alle im Ausland lebenden (ehemaligen) Staatsbürger und Staatsbürgerinnen eines Landes und ihre Nachkommen, die eng mit der Herkunftsregion verbunden bleiben.

Diskriminierung: Der Begriff Diskriminierung geht auf das lateinische Verb discriminare (trennen, eine Unterscheidung treffen) zurück und bezeichnet die Ungleichbehandlung von einzelnen Menschen oder Gruppen aufgrund tatsächlicher oder zugeschriebener gruppenspezifischer Merkmale (z. B. bei einer Stellenbesetzung oder bei der Vergabe von Schulnoten). In der Regel wird sie als ‚negative‘ Diskriminierung im Sinne ungerechtfertigter Benachteiligung verstanden. Vereinzelt wird jedoch auch von ‚positiver‘ Diskriminierung bzw. im Englischen von affirmative action gesprochen, wenn aufgrund dieser gruppenspezifischen Merkmale bewusst bestimmte Zugänge zu Positionen geschaffen bzw. erleichtert werden.

Unterschieden wird meist zwischen unmittelbarer (direkter) und mittelbarer (indirekter) Diskriminierung. Von unmittelbarer Diskriminierung spricht man, wenn eine Person aufgrund eines bestimmten Merkmals (z. B. ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts) gegenüber einer anderen Person, auf die dieses Merkmal nicht zutrifft, benachteiligt wird. Dies wäre z. B. der Fall, wenn ein hellhäutiger Bewerber einem dunkelhäutigen Bewerber bei einer Stellenbesetzung aufgrund seiner Hautfarbe vorgezogen würde. Als mittelbare Diskriminierung bezeichnet man eine Benachteiligung beispielsweise aufgrund von Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, welche zwar neutral sein sollten, aber tatsächlich bestimmte Personen oder Gruppen in besonderer Weise benachteiligen. So würden beispielsweise Zuwanderer und Zuwanderinnen ungerechtfertigt benachteiligt, wenn für die Besetzung einer Stelle, bei der Sprachkenntnisse nicht im Zentrum stehen, muttersprachliche Deutschkenntnisse vorausgesetzt werden.

Insbesondere Forschung zu Diskriminierung am Arbeitsmarkt unterscheidet zudem zwischen statistischer und geschmacksbasierter Diskriminierung: Bei geschmacksbasierter Diskriminierung wird das diskriminierende Handeln auf eine persönliche Präferenz für bzw. gegen bestimmte Gruppen (z. B. aufgrund von Rassismus oder Vorurteilen) zurückgeführt, die nicht rational begründbar ist ( Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit). Im Fall von statistischer Diskriminierung basiert diskriminierendes Verhalten auf unvollständigen Informationen über eine Person oder Gruppe. Aus diesem Grund werden bewusst oder unbewusst (unzutreffende) statistische Annahmen über eine Gruppe für eine Entscheidung (z. B. eine Stellenbesetzung) handlungsleitend.

Im deutschen Recht ist der Tatbestand der Diskriminierung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als ungleiche, ausgrenzende und benachteiligende Behandlung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität definiert (§ 1 AGG). Das Gesetz zielt darauf, eine solche Benachteiligung zu verhindern oder zu beseitigen. Als einziges Bundesland verfügt Berlin seit 2020 über ein Landesantidiskriminierungsgesetz, das u.a. dem Schutz vor Diskriminierung im Rahmen des Verwaltungshandelns dienen soll. In weiteren Ländern soll ein entsprechendes Gesetz erarbeitet werden.

Diversitätssensibilität/Diversitätssensible Öffnung: s. → Interkulturelle Öffnung/Interkulturelle Kompetenz.

Doppelte Staatsangehörigkeit: Unter doppelter Staatsangehörigkeit bzw. Mehrstaatigkeit versteht man den Besitz von zwei oder mehr  Staatsangehörigkeiten. Doppelte Staatsangehörigkeit kann u. a. dann entstehen, wenn ein Kind bei der Geburt zwei Staatsangehörigkeiten erwirbt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Eltern unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben und diese nach dem (an den Eltern orientierten)  Abstammungsprinzip an das Kind weitergeben. Zu doppelter Staatsangehörigkeit kann es auch kommen, wenn ein Kind über die Eltern bspw. eine ausländische Staatsangehörigkeit und zugleich die Staatsangehörigkeit des Wohnsitzlandes nach dem  Geburtsortprinzip erwirbt. Mehrstaatigkeit kann auch im Rahmen einer  Einbürgerung entstehen, nämlich dann, wenn Ausländerinnen und Ausländer die ursprüngliche Staatsangehörigkeit beibehalten.

In Deutschland soll bei der Einbürgerung Mehrstaatigkeit vermieden werden, d. h. Ausländerinnen und  Ausländer müssen grundsätzlich ihre Staatsangehörigkeit aufgeben, wenn sie die deutsche annehmen wollen. Es gibt jedoch mittlerweile zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel. So müssen z. B.  Unionsbürger und ‑bürgerinnen sowie Schweizer und Schweizerinnen ihre Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung nicht aufgeben. Die Abgabe der bestehenden Staatsangehörigkeit ist auch dann nicht erforderlich, wenn das Recht des Herkunftslands dies nicht vorsieht oder faktisch keine Entlassung vornimmt. Entsprechend erfolgt mittlerweile etwa die Hälfte der Einbürgerungen in Deutschland unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit. Auch bei in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern wird Mehrstaatigkeit mittlerweile weitgehend hingenommen. Bis zu einer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2014 mussten sich im Rahmen der  Optionspflicht Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland erworben haben, zwischen der deutschen und ihrer durch das Abstammungsprinzip von den Eltern erworbenen ausländischen Staatsangehörigkeit entscheiden. Seit der Reform sind alle von der Entscheidungspflicht befreit, die neben der deutschen nur die Staatsangehörigkeit eines EU-Staates oder der Schweiz besitzen oder in Deutschland aufgewachsen sind. Gegenüber diesem Status quo schlägt der SVR eine weitergehende konsistente Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vor, damit dieses den Anforderungen einer Einwanderungsgesellschaft gerecht wird. Er hat daher eine doppelte Staatsangehörigkeit mit  Generationenschnitt  vorgeschlagen. Das Modell ermöglicht eine doppelte Staatsangehörigkeit für eine oder mehrere Übergangsgenerationen und vermeidet zugleich eine unbegrenzte Weitergabe der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes.

3-plus-2-Regelung: Nach dieser Regelung haben  Geduldete bzw. ausreisepflichtige Personen ( Ausreisepflicht) unter bestimmten Voraussetzungen einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Duldung zum Zweck der Ausbildung (§ 60c AufenthG) für die gesamte Dauer der Ausbildung (i. d. R. drei Jahre). Wird die Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen, hat im Anschluss daran eine nochmalige sechsmonatige Duldung für die Suche nach einer Beschäftigung zu erfolgen, wenn keine Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb erfolgt (§ 60c Abs. 6 S. 2 AufenthG). Darüber hinaus besteht nach dem Abschluss ein Anspruch auf Erteilung einer zweijährigen Aufenthaltserlaubnis für eine der erworbenen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung (§ 19d Abs. AufenthG). Von der Regelung ausgeschlossen sind u. a. Personen aus sog. sicheren Herkunftsstaaten und Personen, denen konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen.

Drittstaatsangehörige: Ein Drittstaat ist ein Staat, der nicht der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehört. Entsprechend versteht man unter Drittstaatsangehörigen Menschen, die nicht die  Staatsangehörigkeit eines EU-Staats besitzen. Sie sind u. a. vom Recht auf → Freizügigkeit innerhalb der EU ausgeschlossen.

Dublin-Verfahren: Das Dublin-Verfahren ist zentraler Bestandteil des → Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). In diesem Verfahren wird geprüft, welcher europäische Staat für einen Asylantrag zuständig ist. Damit soll sichergestellt werden, dass jedes Asylgesuch nur von einem Staat inhaltlich geprüft wird; gleichzeitig soll aber auch unzweifelhaft feststehen, welcher Staat verantwortlich ist. In den meisten Fällen ist dies der Mitgliedstaat, über den der → Schutzsuchende das Territorium der EU, Norwegens, Islands, der Schweiz oder Liechtensteins betreten hat, wobei das Wohl von Minderjährigen sowie → Familienzusammenführung Vorrang haben. Unabhängig davon kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen Asylantrag auch ohne formale Zuständigkeit zu prüfen (Selbsteintrittsrecht). Rechtsgrundlage ist die sog. Dublin III-Verordnung.

Duldung/Geduldete: Die Duldung (nach § 60a AufenthG) ist kein → Aufenthaltstitel und legalisiert nicht den Aufenthalt einer → ausreisepflichtigen Person in Deutschland. Mit ihr wird lediglich die → Abschiebung zeitlich befristet ausgesetzt. Die Ausreiseverpflichtung wird dabei nicht aufgehoben. Eine Duldung wird erteilt, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die Ausreise nicht möglich ist (z. B. aufgrund von Krankheit oder anderer Abschiebungshindernisse). Eine Duldung kann auch nach Ermessen erteilt werden, sofern dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder ein erhebliches öffentliches Interesse einer Abschiebung entgegenstehen.

E

Einbürgerung: Unter Einbürgerung versteht man den Erwerb der → Staatsangehörigkeit eines Landes auf Antrag eines → Ausländers oder einer Ausländerin. Für eine Einbürgerung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, etwa eine gewisse Mindestaufenthaltsdauer. Unterschieden wird in der Regel zwischen Anspruchs- und Ermessenseinbürgerung. Derzeit besteht in Deutschland ein Anspruch auf Einbürgerung für Ausländerinnen und Ausländer, die seit mindestens acht Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen, einen auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus besitzen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten, ihre vorherige Staatsangehörigkeit aufgeben oder verlieren, nicht strafrechtlich verurteilt worden sind, über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland in einem Einbürgerungstest nachweisen. Die Mindestaufenthaltsfrist kann von acht auf sieben Jahre verkürzt werden nach erfolgreichen Besuch eines → Integrationskurses, bei besonderen Integrationsleistungen sogar auf sechs Jahre. Bei der Ermessenseinbürgerung entscheidet die zuständige Behörde, ob Einbürgerungswillige auch eingebürgert werden, wenn nicht alle Bedingungen der Anspruchseinbürgerung erfüllt sind (Ermessen). Dies kann beispielsweise bei einem öffentlichen Interesse an der Einbürgerung der Fall sein (z. B. bei Spitzensportlern und -sportlerinnen). Nichtsdestotrotz müssen auch bei der Ermessenseinbürgerung gewisse Mindestanforderungen erfüllt sein (z. B. rechtmäßiger und gewöhnlicher Aufenthalt im Inland). Die Einbürgerung kann ab dem 16. Lebensjahr selbst beantragt werden; Kinder sowie Ehepartner und -partnerinnen können miteingebürgert werden. Das → ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial gibt Auskunft darüber, wie viele → Ausländerinnen und Ausländer, die die Voraussetzungen dafür erfüllen, sich innerhalb eines Jahres einbürgern lassen.

Einbürgerungsquote: S. → ausgeschöpftes Einbürgerungspotenzial

Einwanderung: Einwanderung bezeichnet die Einreise und einen damit verbundenen dauerhaften Aufenthalt in einem Land, welches nicht das Herkunftsland ist. Synonym werden oft die Begriffe Immigration oder auch → Zuwanderung verwendet. Eine eindeutige juristische Abgrenzung der Begriffe gibt es nicht. Zuwanderung umfasst aber grundsätzlich alle Formen der längerfristigen grenzüberschreitenden Migration, d. h. beispielsweise auch temporäre Aufenthalte (ausgenommen Tourismus).

elektronische Gesundheitskarte für Asylsuchende bzw. Anspruchsberechtigte nach AsylbLG: → Asylsuchende, deren → Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, sowie Personen mit einer → Duldung und → ausreisepflichtige Personen haben in den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland lediglich Anspruch auf eine eingeschränkte medizinische Versorgung auf Basis von § 4 u. § 6 → Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die elektronische Gesundheitskarte ist eines von zwei Modellen der Bundesländer, um den Zugang der genannten Personengruppe zu gesundheitlichen Leistungen verwaltungstechnisch zu organisieren. Richtungsweisend für den Leistungsumfang bleiben in beiden Fällen die Regelungen des AsylbLG. Im Fall der Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte wenden sich AsylbLG-Anspruchsberechtigte im Krankheitsfall direkt an medizinische Einrichtungen und diese rechnen ihre Leistungen mit der vom jeweiligen Bundesland hierzu beauftragten gesetzlichen Krankenkasse ab. Im Alternativ-Modell müssen die AsylbLG-Anspruchsberechtigten vor der Kontaktaufnahme mit einer medizinischen Einrichtung zuerst einen Behandlungsschein bei der zuständigen Sozialbehörde beantragen, über die die Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgt.

Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU: Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU ist ein unbefristeter → Aufenthaltstitel, ähnlich wie die → Niederlassungserlaubnis. Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU beinhaltet jedoch außerdem das Recht auf Weiterwanderung in einen anderen EU-Mitgliedstaat. → Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig fünf Jahre in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufgehalten haben, können die Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU erhalten.

Erstorientierungskurs: → Asylsuchende ohne gute → Bleibeperspektive haben keinen Zugang zu → Integrationskursen. Um auch diesen Gruppen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern, richtete die Bundesregierung im Sommer 2016 sog. Erstorientierungskurse ein. In 300 Unterrichtseinheiten sollen diese Kurse praktisches Wissen über den Alltag in Deutschland und erste Deutschkenntnisse vermitteln. Die Teilnahme an den Kursen ist freiwillig und kostenlos; davon ausgeschlossen sind nur Personen aus → sicheren Herkunftsländern. Es gibt keinen Abschlusstest.

Erwerbsmigration: s. → Arbeitsmigration.

EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika: Der EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika (Nothilfe-Treuhandfonds der EU zur Unterstützung der Stabilität und zur Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibungen in Afrika, EUTF) wurde 2015 als Instrument geschaffen, um einen Aktionsplan umzusetzen, der auf einem Sondergipfeltreffen zum Thema Migration von EU-Staats- und Regierungschefs und Vertretern afrikanischer Länder im maltesischen Valletta verabschiedet worden war. Treuhandfonds sind in der europäischen Außenpolitik relativ neu. Sie sollen der EU helfen, schnelle und flexible Hilfsgelder für bestimmte Prioritäten oder in akuten Not- und Konfliktsituationen bereitzustellen. Der EUTF ist als sog. Matching-Fonds konzipiert: Die Idee ist, dass Mitgliedstaaten das von der EU bereitgestellte Geld mit eigenen Mitteln verdoppeln, was in der Praxis allerdings bislang kaum gelingt. Der EUTF ist zeitlich befristet angelegt, wird jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach weitergeführt und gilt als Modell dafür, wie migrationspolitische Interessen der EU in der auswärtigen Politik berücksichtigt werden können.

F

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) ist ein Artikelgesetz, das die Bedingungen der Einreise zum Zweck der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (s.  Arbeitsmigration) an einigen Stellen grundlegend ändert. Das Gesetz erleichtert vor allem die Zuwanderung von beruflich qualifizierten Fachkräften. Zudem sind Erleichterungen für Personen enthalten, die zur Nachqualifikation im Rahmen der → Anerkennung ausländischer Abschlüsse nach Deutschland einreisen wollen. Das FEG ist am 1. März 2020 in Kraft getreten.

Familiennachzug: Als Familiennachzug wird der Zuzug von ausländischen Familienangehörigen eines Deutschen oder eines → Ausländers bzw. einer Ausländerin bezeichnet. Dazu wird dem ausländischen Familienangehörigen eine → Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der Familieneinheit erteilt. Man unterscheidet zwischen Ehegatten- und Kindernachzug. Zudem können Eltern eines minderjährigen Ausländers bzw. einer minderjährigen Ausländerin eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn kein sorgeberechtigter Elternteil in Deutschland lebt. In Härtefällen können auch sonstige Familienmitglieder eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis bekommen. Die Möglichkeit des Familiennachzugs ist aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft; bei Flüchtlingen hängt es z. B. davon ab, welche Schutzform sie erhalten haben.  Asylbewerber/Asylsuchender/Flüchtling

Flüchtling: s. → Asylbewerber/Asylsuchender/Flüchtling

Freiwillige Rückkehr: Bei der sog. freiwilligen Rückkehr verlassen die betreffenden Personen selbständig das Bundesgebiet. Diese Form der Rückkehr kann über verschiedene Landes- und Bundesprogramme finanziell gefördert werden. Der Begriff der ‚freiwilligen‘ Rückkehr ist umstritten. Denn hier reisen die Betroffenen zwar selbständig aus; sie tun das aber in aller Regel, weil ihnen die Abschiebung droht. Der Begriff hat sich jedoch in Politik und Recht etabliert.

Freizügigkeit: Freizügigkeit ist das Recht zur freien Wahl des Aufenthalts- und Wohnortes. In der Europäischen Union genießen  Unionsbürger und -bürgerinnen Freizügigkeit in allen EU-Staaten. Die Einreise und der Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union unterliegt für eine Dauer von bis zu drei Monaten keinen Bedingungen oder Voraussetzungen. Das Recht zum Aufenthalt von mehr als drei Monaten genießen im Wesentlichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Selbständige und deren Familienangehörige. Auch Nichterwerbstätige genießen Freizügigkeit, wenn sie über ausreichende Existenzmittel und ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügen. Abkommen zur Personenfreizügigkeit gibt es auch in anderen Weltregionen, beispielsweise in Westafrika (ECOWAS) und Lateinamerika (MERCOSUR). Die Kriterien für Freizügigkeit sowie die Regelungen zu Einreise und Aufenthalt unterscheiden sich dabei jedoch erheblich; ebenso variiert der Stand der Implementierung der jeweiligen Abkommen.

G

‚Gastarbeiter‘: Ab Mitte der 1950er Jahre bis zum Anwerbestopp 1973 wurden ausländische Arbeitskräfte über bilaterale Anwerbeabkommen mit süd- bzw. südosteuropäischen und nordafrikanischen Staaten angeworben. Im öffentlichen Sprachgebrauch bürgerte sich für diese Personen die Bezeichnung ‚Gastarbeiter‘ ein, womit implizit davon ausgegangen wurde, dass diese Personen in ihre Herkunftsländer zurückkehren würden.

Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS): Eines der Ziele der Europäischen Union ist es, ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) zu schaffen. Es soll als Dach für die nationalen Schutzsysteme der EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf die einzuhaltenden rechtlichen Standards dienen. Ziel des GEAS ist u. a., den Schutzsuchenden besseren Zugang zum Asylverfahren, schnellere und gerechtere Entscheidungen und menschenwürdige Aufnahme- und Lebensbedingungen zu garantieren.

Institutionelle Bestandteile des GEAS sind verschiedene Richtlinien und Verordnungen. Dazu gehören insbesondere (1) die Asylverfahrensrichtlinie, die das Ziel einer Vereinheitlichung der → Asylverfahren verfolgt, (2) die sog. Qualifikationsrichtlinie, die Mindestnormen für die Anerkennung von → Asylbewerbern und Asylbewerberinnen sowie die Rechte von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Geschützten festlegt, (3) die Aufnahmerichtlinie, die Mindeststandards zu den sozialen Aufnahme- und Versorgungsbedingungen definiert, (4) die → Dublin-Verordnung, die bestimmt, welcher europäische Staat für einen Asylantrag zuständig ist und (5) die Eurodac-Verordnung, die festlegt, dass bei der Antragstellung die Fingerabdrücke aller Asylbewerber und Asylbewerberinnen abgenommen werden, um den für das Verfahren zuständigen Staat leichter zu bestimmen. In einem weiteren Verständnis ist schließlich auch (6) die Rückführungsrichtlinie zum Acquis des GEAS zu zählen, die die gemeinsamen Normen und Verfahren der EU zur → Rückführung → ausreisepflichtiger Drittstaatsangehöriger regelt.

Zwei EU-Institutionen arbeiten operativ im Kontext des GEAS: die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (auch FRONTEX genannt), die die Zusammenarbeit der Grenzpolizeien der Mitgliedstaaten beim Schutz der EU-Außengrenzen koordiniert, sowie die Europäische Asylagentur (EUAA), die die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Asylbereich stärken soll und z. B. besonders belastete Mitgliedstaaten unterstützt. In der öffentlichen Kritik stehen die uneinheitlichen Auslegungen der GEAS-Regularien bzw. die Unterschreitung der festgeschriebenen Aufnahme- und Verfahrensstandards durch einzelne Staaten. Eine umfassende Reform des GEAS scheiterte bislang vor allem deswegen, weil sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine solidarische Lastenteilung und die Bestimmung fairer Aufnahmequoten einigen konnten.

Gemischte Wanderungen: Als gemischte Wanderungen werden irreguläre Zuwanderungsbewegungen bezeichnet, bei denen Menschen mit unterschiedlichen und sich teilweise überlappenden Wanderungsmotiven ähnliche Migrationsrouten und -mittel nutzen, wodurch die Grenze zwischen Flucht (s. → Flüchtlinge) und wirtschaftlich motivierter Migration (s. Arbeitsmarktmigration) verwischt.

Generationenschnitt: Der SVR fordert eine grundlegende Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts, damit dieses den Anforderungen einer modernen Einwanderungsgesellschaft gerecht wird. Konkret schlägt er einen Doppelpass mit Generationenschnitt vor. Damit würde eine  doppelte Staatsangehörigkeit für eine oder mehrere Übergangsgenerationen ermöglicht und zugleich eine unbegrenzte Weitergabe der → Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes vermieden. Die automatische Weitergabe der Staatsangehörigkeit an die Nachkommen von → Zugewanderten würde in den Fällen gekappt, in denen die Auswanderung Generationen zurückliegt (sog. Generationenschnitt). Damit soll vermieden werden, dass über Generationen die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes der Vorfahren weitergegeben wird, obwohl zu diesem Land keine oder kaum mehr eine Beziehung besteht. Eine generelle Hinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit ist somit nicht vorgesehen.

Konkret bedeutet dies, dass die doppelte Staatsangehörigkeit für die in Deutschland geborenen Kinder von Zugewanderten (und ggf. auch für die Enkelgeneration) akzeptiert wird. Gleiches gilt im Bereich der → Einbürgerung von Zugewanderten der ersten Generation. Zusätzlich ist ein Mechanismus erforderlich, der eine unbegrenzte Weitergabe der Staatsangehörigkeit über das Abstammungsprinzip und damit eine Anhäufung von Mehrfachstaatsangehörigkeiten verhindert. Letzteres wirft nicht nur rechtstechnische, sondern auch demokratietheoretische Probleme auf, wenn etwa in großer Zahl Personen in Staaten wählen können, von deren Gesetzgebung sie kaum oder gar nicht betroffen sind und die bereits ihre Vorfahren verlassen haben. Zudem ist denkbar, dass innenpolitische Konflikte aus dem Herkunftsland exportiert und im Einwanderungsland zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen gemacht werden. Voraussetzung für die Einführung eines Doppelpasses mit Generationenschnitt wären Vereinbarungen mit den Regierungen der Herkunftsländer, die dauerhafte Weitergabe ihrer Staatsangehörigkeit im Ausland zu begrenzen. Der Doppelpass mit Generationenschnitt wird von Deutschland bereits gegenüber den eigenen, im Ausland lebenden Staatsangehörigen praktiziert, ebenso von weiteren Einwanderungsländern (z. B. Kanada und Schweden).

Genfer Flüchtlingskonvention: Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist ein internationales Abkommen zur Rechtsstellung und zum Schutz von → Flüchtlingen. Sie wurde 1951 verabschiedet und galt ursprünglich nur für infolge des Zweiten Weltkriegs Geflüchtete. Durch das Zusatzprotokoll von 1967 wurde die GFK geografisch und zeitlich erweitert und verschafft heute Menschen weltweit rechtliche Anerkennung, die gezwungen sind, auf Grund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung ihr Land zu verlassen, um in einem anderen Zuflucht zu suchen (Art. 1 Abschnitt 1 GFK). Einem oder beiden UN-Instrumenten sind bisher insgesamt 147 Staaten beigetreten. Die GFK regelt, wer als Flüchtling anerkannt wird und wer vom Flüchtlingsschutz ausgeschlossen ist (z. B. Kriegsverbrecher) und verbietet die Ausweisung und Zurückweisung in ein Land, in dem das Leben oder die Freiheit des Flüchtlings bedroht sind (das non-refoulment Prinzip). Darüber hinaus bestimmt die GFK, welche sozialen Rechte (Bildung, medizinische Versorgung, Religions- und Bewegungsfreiheit) und welche Unterstützung (Sozialleistungen) Menschen auf der Flucht erhalten sollen.

Gesundheits- und Pflegeberufe: In seinem Jahresgutachten 2022 fasst der SVR folgende Berufsgruppen als Gesundheits- und Pflegeberufe zusammen: Human- und Zahnmedizinerinnen und -mediziner; Berufe in der Gesundheits- und Krankenpflege, dem Rettungsdienst und der Geburtshilfe sowie in der operations- und medizintechnischen Assistenz; Berufe in der Altenpflege; Berufe in der Heilerziehungspflege und der Haus- und Familienpflege; medizinische und zahnmedizinische Fachangestellte, Podologinnen und Podologen sowie Orthoptistinnen und Orthoptisten; medizinisch-technische Berufe in Laboratorium, Funktionsdiagnostik und Radiologie; Berufe in Psychologie und Psychotherapie; Berufe in der Pharmazie; nichtärztliche therapeutische Berufe und Heilkunde (Physio-, Ergo-, Musik- und Kunsttherapie, Logopädie, Diät- und Ernährungstherapie sowie Homöopathie und Heilkunde). Enthalten sind auch Aufsichts- und Führungskräfte in den jeweiligen Bereichen. Die Einteilung erfolgt auf Grundlage der Klassifikation der Berufe (KldB) 2010. Ein Großteil der genannten Berufe gehört zu den → reglementierten Berufen.

Gesundheitskompetenz/Health Literacy: Gesundheitskompetenz bzw. Health Literacy bezeichnet die Fähigkeit, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und für die eigene Entscheidungsfindung in Gesundheitsfragen konstruktiv zu nutzen, etwa um gesund zu bleiben oder eine Krankheit zu bewältigen und insgesamt gute Entscheidungen für die eigene Gesundheit treffen zu können. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass eine geringe Gesundheitskompetenz weite Teile der Bevölkerung in Deutschland (wie in vielen anderen Gesellschaften mit einem hochentwickelten und komplexen Gesundheitssystem) in der einen oder anderen Weise vor Schwierigkeiten stellt. Einschränkungen der Gesundheitskompetenz betreffen allerdings nicht alle Personen(gruppen) gleichermaßen. Höhere Risiken einer geringeren Gesundheitskompetenz bzw. Health Literacy bestehen vor allem bei geringer Bildung und einem niedrigen Sozialstatus. Auch die Einschränkungen der Gesundheitskompetenz, die früher pauschal mit dem Merkmal eines → Migrationshintergrundes in Verbindung gebracht wurden, erklären sich zum Teil dadurch, dass sich das Merkmal Migrationshintergrund statistisch häufiger mit den eigentlich relevanten Faktoren niedriger Bildungsstand und Sozialstatus verbindet. Der Migrationshintergrund kann dann ein eigenständiger Erklärungsfaktor für Herausforderungen beim Aufbau von gesundheitsrelevantem System- und Patientenwissen im Aufnahmeland sein, wenn Menschen erst seit kurzer Zeit in Deutschland leben, die deutsche Sprache (noch) nicht hinreichend beherrschen und/oder in einem Gesundheitssystem sozialisiert sind, das sich von dem deutschen stark unterscheidet.

Globaler Flüchtlingspakt: Der Globale Flüchtlingspakt (engl.: Global Compact on Refugees, GCR) ist ein Rahmenwerk für einen verbesserten Flüchtlingsschutz (s. → Flüchtling) und eine gerechtere internationale Verantwortungsteilung im Umgang mit Flucht. Der Pakt besteht aus einem umfassenden Rahmenplan für Flüchtlingshilfemaßnahmen (engl.: Comprehensive Refugee Response Framework, CRRF) und einem Aktionsprogramm. Der Pakt wurde vom UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) erarbeitet und im Dezember 2018 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen, zu der auch Deutschland zählt, als Teil der UNHCR-Resolution angenommen. Der Globale Flüchtlingspakt ist kein völkerrechtlicher Vertrag und seine Umsetzung beruht auf freiwilliger staatlicher Beteiligung.

Globaler Migrationspakt: Der Globale Migrationspakt (Globaler Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration / engl.: Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration, GCM) ist ein umfassendes Rahmenwerk zur besseren internationalen Zusammenarbeit im Bereich grenzüberschreitender Migration. Der Pakt wurde im Dezember 2018 zunächst im Rahmen einer zwischenstaatlichen Konferenz in Marrakesch und in Folge durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen. Auch Deutschland hat den Pakt angenommen. Der Globale Migrationspakt ist kein völkerrechtlicher Vertrag und seine Umsetzung beruht auf freiwilliger staatlicher Beteiligung.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit: Der von Heitmeyer (Universität Bielefeld) geprägte Begriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ beschreibt die Abwertung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten (schwachen) Gruppen in unserer Gesellschaft. „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ umfasst Stereotype, Vorurteile und → Diskriminierungen gegenüber den Menschen dieser Gruppe. Ausprägungen „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ sind neben Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, der Abwertung von Asylsuchenden oder Sinti und Roma auch die Abwertung von Menschen mit bestimmten religiösen Überzeugungen (z. B. Antisemitismus sowie Muslim- bzw. Islamfeindlichkeit), aber auch die Abwertung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung sowie von Arbeitslosen, Obdachlosen oder Behinderten. Der Begriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ entstammt einem Langzeitforschungsprojekt, das seit 2002 am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld durchgeführt wurde.

H

Hasskriminalität/Hassgewaltkriminalität: Der Begriff Hasskriminalität bezeichnet Straftaten, die das Opfer deshalb treffen, weil dieses einer bestimmten Gruppe angehört (z. B. Ethnie). Es handelt sich um einen Teilbereich der politisch motivierten Kriminalität. Straftaten, die eindeutig gegen Zuwanderinnen und Zuwanderer bzw. als solche wahrgenommene Personen gerichtet sind, werden als fremdenfeindlich motivierte Hasskriminalität statistisch erfasst.

Hassgewaltkriminalität bezeichnet innerhalb der Hasskriminalität Straftaten, die eine besondere Gewaltbereitschaft der Täterinnen und Täter erkennen lassen. Im Einzelnen sind das Tötungsdelikte, Körperverletzungen, Brand- und Sprengstoffdelikte, Landfriedensbruch, gefährliche Eingriffe in den Schiffs-, Luft-, Bahn- und Straßenverkehr, Freiheitsberaubung, Raub, Erpressung, Widerstands- und Sexualdelikte.

Healthy migrant effect: Der healthy migrant effect beschreibt das in vielen Einwanderungsländern beobachtete Paradoxon, dass Zuwanderinnen und Zuwanderer (→ Zuwanderung) trotz ihres im Durchschnitt schlechteren sozioökonomischen Status eine bessere Gesundheit bzw. eine niedrigere Sterblichkeit im Vergleich zur nicht zugewanderten Bevölkerung aufweisen. Aus sozialepidemiologischen Studien ist bekannt, dass ein niedriger sozioökonomischer Status normalerweise mit einer schlechteren Gesundheit und einer höheren Sterblichkeit einhergeht. Die niedrigere Sterblichkeit von Zugewanderten (→ Zugewanderte) wird mit Selektionseffekten erklärt: Vor allem junge und gesunde Menschen entscheiden sich für eine Migration. Mit steigender Aufenthaltsdauer im Zielland verschwindet dieser Sterblichkeitsvorteil oder kehrt sich sogar in eine höhere Sterblichkeit um. Hierfür werden in erster Linie die durchschnittlich schlechteren Lebens- und Arbeitsbedingungen verantwortlich gemacht.

Hochqualifiziertenrichtlinie der Europäischen Union (Blue Card): Die Hochqualifiziertenrichtlinie der Europäischen Union wurde 2009 erlassen, um die Einreise und den Aufenthalt von  Drittstaatsangehörigen in hochqualifizierten Beschäftigungen zu regeln (sog. Blue Card bzw. → Blaue Karte EU). Deutschland hat die Richtlinie 2012 in nationales Recht umgesetzt. Sie erleichtert den Arbeitsmarktzugang für Akademiker und Akademikerinnen aus Drittstaaten zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung. Neben einem Hochschulstudium ist ein Arbeitsvertrag mit einem bestimmten Mindestgehalt erforderlich.

Hotspot: Im September 2015 entschied ein EU-Sondergipfel, in Griechenland und Italien sog. Hotspots bzw. ‚Brennpunkte‘ einzurichten. Als solche wurden Bereiche an den Außengrenzen der EU definiert, in denen der Migrationsdruck unverhältnismäßig hoch ist. In diesen Hotspots sollen – mithilfe von EASO und Frontex (s. Gemeinsames Europäisches Asylsystem) – ankommende  Flüchtlinge direkt an der EU-Außengrenze identifiziert und registriert und ihre Fingerabdrücke genommen werden. Personen, die Asyl beantragen, sollen unverzüglich in ein → Asylverfahren überführt und nicht Schutzberechtigte zurückgeführt werden. Die Hotspots sind als Instrumente des Grenzmanagements gedacht; durch eine Verstärkung der Außengrenzen sollen sie die irreguläre Einwanderung eindämmen. Daneben sollen sie vor allem die am stärksten belasteten Staaten an den Außengrenzen – Italien und Griechenland – unterstützen. Mittlerweile kann das Hotspot-Konzept in seiner operativen Umsetzung als gescheitert gelten: Die Umverteilung in andere EU-Mitgliedstaaten und die Rückführung aus den Hotspots funktionieren nur schleppend und die → Asylverfahren dauern viel zu lange. Zudem sind die Lebensbedingungen in den Hotspots unhaltbar; das wird schon seit ihrer Einführung immer wieder kritisiert.

I

ICT-Karte/ICT-Karte mobil: Die ICT-Karte und die ICT-Karte mobil sind  Aufenthaltstitel, die an  Drittstaatsangehörige vergeben werden, die im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers nach Deutschland kommen. Die ICT-Karte gilt für Drittstaatsangehörige, die innerhalb eines Unternehmens aus einem Drittstaat nach Deutschland kommen, die ICT-Karte mobil für Drittstaatsangehörige, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat beschäftigt sind und von dort nach Deutschland kommen.

Integration (Definition des SVR): Der SVR versteht Integration als möglichst chancengleiche Teilhabe aller an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Diese reichen von Erziehung und früher Bildung in der Familie und in vorschulischen öffentlichen Einrichtungen über schulische Bildung, berufliche Ausbildung und ein durch Arbeit und deren Ertrag selbstbestimmtes, nicht transferabhängiges Leben bis hin zur – statusabhängigen – politischen Partizipation und zur Teilhabe an den verschiedensten Schutz- und Fürsorgesystemen im Rechts- und Wohlfahrtsstaat.

Integrationsgesetz: Zur staatlichen Steuerung von → Integration haben seit 2010 insgesamt fünf Bundesländer Integrations- und Teilhabe- bzw. Partizipationsgesetze erlassen: das Partizipationsgesetz in Berlin, das Partizipations- und Integrationsgesetz in Baden-Württemberg, das Integrationsgesetz in Bayern, das Teilhabe- und Integrationsgesetz in Nordrhein-Westfalen sowie das Integrations- und Teilhabegesetz in Schleswig-Holstein. Die Regelwerke in Berlin und Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2021 umfassend reformiert. In weiteren Ländern sind entsprechende Gesetze in Arbeit. Die Landesintegrationsgesetze geben Ziele und Grundsätze vor und regeln vor allem die Rahmenbedingungen von Integrationspolitik, also bspw. die Position von Integrationsbeauftragten und die Kompetenzen von Integrationsbeiräten. Zudem unterstützen sie die → diversitätssensible Öffnung der Verwaltung.

Infolge der Flüchtlingszuwanderung 2015/16 hat der Bund im Juli 2016 ein sog. Integrationsgesetz beschlossen, das sich jedoch primär mit der Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration von → Flüchtlingen befasst und verschiedene Gesetzesänderungen im Aufenthaltsgesetz, Sozialgesetzbuch und Asylgesetz vornahm. Es folgt dem Grundsatz „Fördern und Fordern”. Im Mittelpunkt steht die  Integration von Flüchtlingen in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Durch eine Sicherung des Aufenthaltsstatus während der Ausbildung (s. → 3-plus-2-Regelung), eine weitere Öffnung von Integrations- und Sprachkursen sowie die befristete Aussetzung der → Vorrangprüfung für drei Jahre abhängig von der Arbeitsmarktlage in den Ländern und zusätzliche Arbeitsgelegenheiten sollen Flüchtlinge an den Arbeitsmarkt herangeführt werden. Auf der anderen Seite fordert das Gesetz auch die Pflicht zur Mitwirkung bei Integrationsmaßnahmen wie etwa  Integrationskursen  und ermöglicht den Ländern, eine befristete  Wohnsitzauflage zur Vermeidung sozialer Brennpunkte zu erlassen. Auch die  Niederlassungserlaubnis, die Flüchtlinge bisher nach drei Jahren erhalten können, soll an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Über die Integration von Flüchtlingen hinaus plant die Bundesregierung ein Partizipationsgesetz für mehr → Teilhabe und Repräsentanz von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.

Integrationskurs: Mit der Einführung des  Zuwanderungsgesetzes 2005 wurden erstmals bundesweit Integrationskurse für Zugewanderte eingeführt. Ein Integrationskurs besteht aus einem Sprachkurs (sog. Basis- und Aufbaukurs) und einem Orientierungskurs. Der Sprachkurs umfasst mindestens 600 Stunden und schließt mit einem Sprachtest ab („Deutsch-Test für Zuwanderer“). Der 100-stündige Orientierungskurs findet im Anschluss an den Sprachkurs statt und gibt eine Einführung in Recht, Geschichte und Kultur der deutschen Gesellschaft. Er schließt mit dem Test „Leben in Deutschland“ ab. Unter bestimmten Bedingungen können  Ausländer und Ausländerinnen zu der Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet werden. Bei → Flüchtlingen erhalten meist nur Personen mit → Aufenthaltserlaubnis einen schnellen Zugang, sie haben einen rechtlichen Anspruch. Flüchtlinge mit → Aufenthaltsgestattung, d. h. während ihres Asylverfahrens, und mit einer → Duldung sind nur teilnahmeberechtigt, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen.

Integrationsmonitoring: Integrationsmonitorings haben das Ziel, Stand und Veränderung der Integration von Personen mit  Migrationshintergrund mithilfe von regelmäßig erhobenen statistischen Kenngrößen (Indikatoren) abzubilden. Dazu gehören z. B. Indikatoren zur Arbeitsmarktintegration.

Interkulturelle Öffnung/Interkulturelle Kompetenz: Als interkulturelle Öffnung bezeichnet man einen Prozess der Organisations- und Personalentwicklung (z. B. in Verwaltungen, Betrieben, Unternehmen, Bildungseinrichtungen oder anderen Organisationen), um auf kulturelle Vielfalt angemessen reagieren zu können. Ziel ist dabei u. a. der chancengleiche Zugang für Menschen mit  Migrationshintergrund, aber auch die Befähigung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, mit Menschen anderer Kulturkreise erfolgreich zu kommunizieren und kulturelle Vielfalt als gesellschaftliche Normalität anzuerkennen und wertzuschätzen (interkulturelle Kompetenz). Da migrationsbezogene Diversität nur eine von vielen, sich überschneidenden Dimensionen gesellschaftlicher Heterogenität ist und Institutionen mit allen unterschiedlichen Gruppen angemessen umgehen sollten, wird heute oft auch von diversitätssensibler Öffnung oder diversitätsorientierter Organisationsentwicklung gesprochen.

Integrationsbarometer (IB): Das Integrationsbarometer ist eine repräsentative Bevölkerungsumfrage unter Menschen mit und ohne  Migrationshintergrund in Deutschland, die vom SVR entwickelt wurde. Es misst das Integrationsklima (→ Integrationsklima-Index) in der Einwanderungsgesellschaft und erhebt Einschätzungen und Erwartungen der Bevölkerung mit Blick auf Integration und Migration sowie auf Integrations- und Migrationspolitik. Das Ziel des Integrationsbarometers ist, verlässliche Aussagen zu den integrationsrelevanten Wahrnehmungs- und Bewertungsmustern zu ermöglichen und damit ein differenziertes Bild der Integrationslandschaft in Deutschland zu bieten.

Integrationsklima-Index (IKI): Der Integrationsklima-Index ist Teil des SVR-→ Integrationsbarometers. Er stellt dar, wie die Menschen in der Einwanderungsgesellschaft das Integrationsklima in verschiedenen Alltagsbereichen erleben und beurteilen. Um zu erheben, wie sich das Zusammenleben von Personen mit und ohne  Migrationshintergrund gestaltet, werden Einschätzungen zu vier integrationsrelevanten sozialen Teilbereichen erfragt: Arbeit, Nachbarschaft, soziale Beziehungen und Bildung. Dabei werden wiederum vier unterschiedliche Bewertungsdimensionen angesprochen, die aufeinander aufbauen: Erfahrung, Normvorstellung, angenommene integrative Leistungsfähigkeit und eigene Verhaltenstendenz. In Bezug z. B. auf den Bereich Nachbarschaft wird dies folgendermaßen umgesetzt: Die Erfahrung wird mit der Frage erfasst „Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Nachbarschaft mit Migranten/Deutschen gemacht?“, die Normvorstellung über eine Bewertung der Aussage „In der Nachbarschaft helfen sich Deutsche und Migranten gegenseitig“, die angenommene integrative Leistungsfähigkeit mit einer Einschätzung zur Aussage „Deutsche und Migranten leben in der Nachbarschaft ungestört miteinander“ und die eigene Verhaltenstendenz mit der Frage „Würden Sie in eine Nachbarschaft ziehen, in der viele Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft leben?“. Die Fragen werden jeweils mit einem Wert zwischen 0 und 3 bewertet und zu einem Index für den jeweiligen Teilbereich zusammengefasst. Aus allen Teilbereichen wird dann der Integrationsklima-Index (IKI) gebildet, der auf einer Skala von 0 bis 100 dargestellt wird. Werte über 50 Punkte signalisieren eine tendenziell positive, Werte unter 50 eine tendenziell negative Einschätzung des Klimas.

Irreguläre Migrantinnen und Migranten („Menschen ohne Papiere“/„Sans Papiers“): Als irreguläre Migrantinnen und Migranten werden → Ausländerinnen und Ausländer  bezeichnet, die sich ohne → asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Status sowie ohne → Duldung und somit ohne behördliche Erfassung (in diesem Sinne „ohne Papiere“ bzw. „Sans Papiers“) in Deutschland befinden. Der SVR empfiehlt, nicht von irregulären Migrantinnen und Migranten zu sprechen, sondern von irregulär aufhältigen Migrantinnen und Migranten. Damit wird betont, dass nicht der Mensch irregulär/illegal ist, sondern sein Aufenthalt. Die meisten irregulär aufhältigen Migrantinnen und Migranten sind zunächst legal (z. B. mit einem → Arbeits-, Studierenden- oder Touristenvisum) nach Deutschland oder Europa eingereist und dann nach Ablauf oder Verlust ihres Aufenthaltstitels im Land geblieben. Zur genauen Anzahl und den Lebensverhältnissen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten gibt es kaum belastbare Daten.

J

K

Kampala-Konvention: Das Übereinkommen der Afrikanischen Union (AU) zum Schutz und zur Unterstützung von Binnenvertriebenen in Afrika (kurz: Kampala-Konvention) wurde 2009 verabschiedet und trat 2012 in Kraft. In Anlehnung an die rechtlich nicht bindenden UN-Leitlinien zu Binnenvertreibung formuliert die Konvention Regelungen zum Umgang mit Binnenmigration in Afrika. Es handelt sich um den ersten kontinentweiten rechtsverbindlichen Vertrag, der Binnenmigration umfassend und detailliert behandelt. Die Kampala-Konvention gilt daher als ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Rechts zu Binnenmigration. Die Kampala-Konvention verpflichtet die Mitgliedstaaten, Binnenvertriebene zu unterstützen und zu schützen und Fluchtursachen zu reduzieren. Zudem sollen Menschen vor Zwangsevakuierung geschützt werden, sofern diese nicht für Sicherheit und Gesundheit notwendig ist.

Klimawandelbedingte Migration/Klimamigration: Unter dem Begriff klimawandelbedingte Migration (kurz: Klimamigration) wird ein breites Spektrum unterschiedlicher Wanderungsformen und -muster in den Blick genommen, von denen man annimmt, dass Umweltveränderungen infolge des menschengemachten Klimawandels hierfür eine maßgebliche Rolle spielen. Eine gemeinsame Definition und Terminologie gibt es weder in der Wissenschaft noch in der Politik. Ebenfalls häufig ist die Rede von klimawandelbedingter Vertreibung oder speziell in jüngerer Zeit auch von → klimawandelbedingter Mobilität. Umstritten bleibt es, Menschen, die durch den Klimawandel zur Migration gezwungen sind, als Klimaflüchtlinge zu bezeichnen, da sie keine → Flüchtlinge im Sinne der geltenden Definition der → Genfer Flüchtlingskonvention sind.

Im Fokus der Forschung über klimawandelbedingte Migration steht sowohl die Wirkung plötzlicher Extremwetterereignisse auf Migration und Mobilität (wie Wirbelstürme oder Überschwemmungen infolge von Starkregen, s. auch → Überlebensmigration) als auch schleichender Prozesse, wie z. B. Küstenerosion und Bodenversalzung infolge des Meeresspiegelanstiegs oder Ernteausfälle infolge wiederholter Dürren. Schwierig bleibt es, die Migration auslösende Wirkung von klimawandelbedingten Umweltveränderungen gegenüber anderen individuellen wie auch gesellschaftlichen Triebfedern zu gewichten; diese sind grundsätzlich eng verwoben. Umweltseitige Stressoren können aber bereits vorhandene soziale, ökonomische und politische Stressoren verstärken und damit auch einen neuen Migrationsdruck erzeugen.

Insgesamt findet klimawandelbedingte Migration bisher mehrheitlich innerstaatlich bzw. über eher kurze Distanzen (z. B. ins Nachbarland) statt und nur selten über Kontinente hinweg. Dabei erzeugt der menschengemachte Klimawandel nicht in erster Linie eine neue und klar abgrenzbare Wanderungsform, sondern er wirkt als Metafaktor insgesamt auf das Migrationsgeschehen und verändert auch bestehende Migrationsmuster, z. B. der → Arbeitsmigration. Ebenso können klimawandelbedingte Umweltveränderungen Migration nicht nur anstoßen, sondern zum Teil auch hemmen (trapped populations).

Klimawandelbedingte Mobilität: In Verbindung mit dem menschengemachten Klimawandel kommt es zu zahlreichen Wanderungen, die sich unter verschiedenen Gesichtspunkten den klassischen Wesensmerkmalen einer Migration entziehen; z. B. weil die Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes nur für wenige Tage oder Wochen erfolgt (z. B. im Rahmen von Evakuierungen und → Überlebensmigration zum Schutz vor plötzlichen Extremwetterereignissen) oder weil keine Staatsgrenzen überschritten werden und entsprechende Wanderungen sich somit dem Zuständigkeitsbereich von Asyl- und Migrationspolitik entziehen. In wissenschaftlichen und zum Teil auch politischen Debatten über Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Migration wird in jüngerer Zeit daher häufiger auch der Mobilitätsbegriff verwendet. Fürsprecherinnen und Fürsprecher der Rede von klimawandelbedingter Mobilität betonen zudem, dass sich dieser Begriff besonders eignet, um in den Fokus zu rücken, dass für einen adäquaten politischen Umgang mit → klimawandelbedingter Migration nicht nur das Instrumentarium der Migrationspolitik gefragt ist, sondern zahlreiche weitere Politikfelder gefragt sind.

Konflikthypothese: Die Konflikthypothese besagt, dass Menschen bei häufigem Kontakt zu Mitgliedern anderer Gruppen ihre Vorurteile gegenüber diesen Gruppen verstärken, wenn der Kontakt in Konkurrenzsituationen erfolgt.

Kontakthypothese: Die Kontakthypothese besagt, dass Menschen bei häufigem Kontakt zu Mitgliedern anderer Gruppen ihre Vorurteile gegenüber diesen Gruppen abbauen. Diese bereits in den 1950ern aufgestellte Hypothese wurde seitdem wiederholt empirisch bestätigt. Beispielsweise zeigt das  SVR-Integrationsbarometer 2018: Je häufiger Menschen ohne  Migrationshintergrund Kontakt mit Menschen unterschiedlicher Herkunft haben, desto optimistischer beurteilen sie das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft. Damit der Kontakt im beschriebenen Sinne wirkt, sind bestimmte Kontextbedingungen förderlich: Die beteiligten Personen sollten (a) ein gemeinsames Ziel verfolgen, (b) den gleichen gesellschaftlichen Status haben, (c) miteinander in eine Interaktion treten und (d) durch Autoritäten unterstützt werden, die von allen Personen akzeptiert werden. Darüber hinaus haben sich Kontakte, die durch emotionale Nähe geprägt sind (z. B. Freundschaften), als besonders wirksam erwiesen. Neuere Forschung konnte inzwischen auch Nachweise dafür erbringen, dass Vorurteile auch dann abgebaut werden, wenn der Kontakt ‚erweitert‘ stattfindet (z. B. wenn Freunde Kontakt zu Mitgliedern anderer Gruppe haben) oder sich ein Kontakt vorgestellt wird (z. B. aufgrund einer Geschichte über eine Kontaktsituation).

Königsteiner Schlüssel: Innerhalb Deutschlands legt der Königsteiner Schlüssel unter anderem fest, wie die → Asylsuchenden auf die Bundesländer aufgeteilt werden. Der Schlüssel wird jährlich aktualisiert. Grundlage für die Berechnung der Quoten sind die Steuereinnahmen (2/3) und die Bevölkerungszahl (1/3) der einzelnen Bundesländer.

Kontingente/Kontingentflüchtlinge: s. Aufnahmeprogramme

Kooperative Elternarbeit: Als kooperative Elternarbeit wird die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Eltern und Erziehern und Erzieherinnen bzw. Lehrkräften in Kitas und Schulen bezeichnet. Sie ist verfassungsrechtlich begründet: Eltern und Schule sollen ihren jeweiligen Erziehungsauftrag gemeinsam und durch sinnvoll aufeinander bezogenes Handeln erfüllen. Kooperative Elternarbeit kann verschiedene Formen annehmen. (1) Schulbezogene Elternbeteiligung umfasst Praktiken, die den Kontakt mit der Schule fördern. (2) Unter lernbezogenen Aktivitäten werden sämtliche Beteiligungsformen verstanden, die das Lernen des Kindes im häuslichen Kontext unterstützen.

L

Live-in-Betreuungskräfte: Als Live-in-Betreuungskräfte werden – meist weibliche – ausländische Betreuungskräfte bezeichnet, die mit einer pflegebedürftigen Person im Haushalt leben und diese versorgen. Daher werden diese Betreuungsarrangements häufig auch unter dem irreführenden Begriff ‚24-Stunden-Betreuung‘ oder ‚24-Stunden-Pflege‘ beworben, wobei eine Betreuung rund um die Uhr durch eine einzelne Person in Deutschland legal nicht möglich ist. Zudem handelt es sich in der Regel nicht um ausgebildete bzw. in Deutschland anerkannte Pflegekräfte, sondern um Betreuungskräfte, die lediglich eine Grundpflege durchführen können. Ein Großteil dieser Betreuungsarrangements findet informell bzw. in einem rechtlichen Graubereich statt, da entweder keine offiziellen Verträge abgeschlossen werden oder die geltenden Regelungen und Gesetze nicht eingehalten werden. Zentral ist dabei die Arbeitszeit und die damit in Zusammenhang stehende Bezahlung der Betreuungskräfte.

M

Mainstreaming: Im Bereich der Integrationsförderung wird das ursprünglich aus der Gleichstellungspolitik stammende Konzept des Mainstreamings in dem Sinne gebraucht, dass Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe verankert wird. Als zentrale politische Zielvorgabe muss → Integration bei allen politischen Entscheidungen, auf allen Ebenen und in allen Fachbereichen berücksichtigt werden. Integrationspolitik ist demnach kein eigenständiges und abtrennbares Politikfeld, sondern eine alle Politikfelder durchziehende Aufgabe, die von den jeweiligen Fachressorts in ihrer täglichen Arbeit zu berücksichtigen und zu gestalten ist. Der Schwerpunkt von Integrationspolitik verschiebt sich im besten Fall entsprechend von zielgruppenspezifischen Sondermaßnahmen zu effektiven Allgemeinmaßnahmen, das heißt zu einer diversitätssensiblen Anpassung der Regelsysteme. Der Ansatz des Mainstreamings entspricht dem Verständnis des SVR von Integration als gleichberechtigter Teilhabe aller an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

Mangelberuf: Ein Mangelberuf ist ein Beruf, in dem es in Deutschland eine hohe Anzahl unbesetzter Stellen gibt. Mangelberufe werden in einer sog. Positivliste veröffentlicht, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit auf Grundlage der aktuellen Statistik erstellt und halbjährlich überprüft wird. Wenn → Geduldete eine Ausbildung in einem Mangelberuf aufnehmen, gelten besondere Regelungen bei der → 3-plus-2-Regelung.

Mehrfaktorenmodell: Das Mehrfaktorenmodell des SVR-Forschungsbereichs bietet die Möglichkeit, einen fairen Verteilungsschlüssel für die Aufnahme bzw. Verteilung von → Schutzsuchenden innerhalb der Europäischen Union zu berechnen. Im Falle disproportionaler Aufnahme können finanzielle Kompensationen (Ausgleichsfonds) mit dem Verteilungsschlüssel unterlegt werden. Das Modell basiert auf vier Faktoren, die mit unterschiedlicher Gewichtung die Verteilung beeinflussen: Dem Anteil des jeweiligen Mitgliedstaates am gesamten Bruttoinlandsprodukt der EU (gewichtet mit 0,4), der Bevölkerungszahl des Mitgliedstaats (gewichtet mit 0,4), dem Ausmaß der Arbeitslosigkeit in einem Mitgliedstaat (gewichtet mit 0,1) – jeweils im Durchschnitt der letzten fünf Jahre – und der territorialen Größe des Mitgliedstaats in Relation zum gesamten EU-Territorium (gewichtet mit 0,1).

Mehrstaatigkeit: s.  Doppelte Staatsangehörigkeit

Migrantendachverband: Viele → Migrantenorganisationen haben sich in Deutschland regional und auf Bundesebene zu Dachverbänden zusammengeschlossen, um (neben möglichen weiteren Funktionen) gemeinsame Interessen zu formulieren, sie wirksam nach außen zu vertreten und sich gegenüber Politik und Verwaltung als Ansprechpartner für Fragen der gleichberechtigten Teilhabe zu positionieren. Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs Migrantendachverband gibt es bisher nicht. Insgesamt ist das Organisationsfeld dem breiten Spektrum der nichtwirtschaftlichen Interessenvertretungen zuzuordnen. Mehrheitlich liegt der Fokus von Migrantendachverbänden auf sozialem und sozialpolitischem Engagement. Dennoch bilden Migrantendachverbände keinen homogenen (neuartigen) Typus im Verbändefeld, sondern sie sind inhaltlich, strukturell sowie in ihren Handlungsfeldern und Repräsentationsprofilen divers.

Migrantenorganisationen: Der Begriff Migrantenorganisationen (MO) ist in Politik, Wissenschaft, Öffentlichkeit und auch unter Migrantenorganisationen selbst nicht eindeutig definiert. Die vorhandenen Begriffsbestimmungen eint aber in der Regel die Vorstellung, dass es sich bei Migrantenorganisationen um gemeinnützige Initiativen und Zusammenschlüsse handelt, die erstens zu einem relevanten Teil (zum Beispiel mindestens zur Hälfte) von Menschen mit eigener oder familiärer Zuwanderungsgeschichte getragen werden, für deren Zielsetzungen und Aktivitäten zweitens Migrations-/Fluchterfahrungen, der Bezug zu einer bestimmten Herkunftsregion und/oder die migrationsbedingte Situation in Deutschland eine wichtige Rolle spielen.
Nicht dazu gezählt werden Organisationen, die nur eines dieser beiden Kriterien erfüllen, z. B. Unterstützungs- und Beratungseinrichtungen von Wohlfahrtsverbänden, die sich mit migrationsspezifischen Fragestellungen befassen, oder Mietervereine, deren Mitglieder sich aufgrund der demografischen Zusammensetzung eines Stadtteils mehrheitlich aus Menschen mit eigener oder familiärer Zuwanderungsgeschichte zusammensetzen.

Die Landschaft der Migrantenorganisationen in Deutschland ist sehr vielfältig und dynamisch und entsprechend breit ist das Spektrum ihrer Ziele und Aktivitäten: Es reicht von der Pflege einer gemeinsamen Herkunftskultur/eines gemeinsamen kulturell-religiösen Hintergrundes über entwicklungspolitisches Engagement für eine bestimmte Herkunftsregion und/oder Engagement für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland, Empowerment und den Kampf gegen Rassismus bis zu Angeboten sozialer Arbeit (bspw. in der Kinder- und Jugendhilfe). Antirassismusarbeit ist auch ein Themenschwerpunkt der → neuen deutschen organisationen (ndo), die mitunter als Migrantenorganisationen neuen Typs bezeichnet werden. Migrantenorganisationen existieren sowohl als eingetragene Vereine als auch jenseits formalisierter Strukturen, zum Beispiel als digitale Communities.

Die häufigsten verwandten Begriffe sind Migrantenselbstorganisation, Migrantenverein, Zuwandererverein, ethnischer Verein, migrantische Organisation und → Diasporaorganisation.

Migrationshintergrund: Eine Person hat einen Migrationshintergrund nach der Definition des Statistischen Bundesamtes, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher → Staatsangehörigkeit geboren wurde. Im Einzelnen umfasst diese Definition zugewanderte und nichtzugewanderte → Ausländerinnen und Ausländer, zugewanderte und nichtzugewanderte → Eingebürgerte, → (Spät-)Aussiedler und (Spät-)Aussiedlerinnen sowie die als Deutsche geborenen Kinder dieser Gruppen. Das Merkmal des Migrationshintergrunds wird seit 2005 im Rahmen des Mikrozensus erhoben. Im Jahr 2022 hat das Statistische Bundesamt zusätzlich zum Migrationshintergrund die Kategorie von Menschen mit Einwanderungsgeschichte eingeführt. Darunter gefasst werden Selbstzugewanderte und Personen, deren beide Eltern zugewandert sind.

Abweichend von der Definition des Mikrozensus wurden im Zensus 2011 als Personen mit Migrationshintergrund alle zugewanderten und nicht zugewanderten Ausländer und Ausländerinnen definiert sowie alle nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Deutschen und alle Deutschen, die zumindest einen nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Elternteil haben. Diese Definition wird auch von vielen Bundesländern im Rahmen ihres Integrationsmonitorings verwendet.

Die Bezeichnung ist mittlerweile umstritten (vgl. hierzu SVR 2021: 24–25). In Texten, die sich nicht spezifisch auf die statistischen Kategorien beziehen, verwendet der SVR verschiedene sprachliche Alternativen. Konkret spricht er auch von Personen mit Zuwanderungs- oder Migrationsgeschichte, Einwanderern bzw. Einwanderinnen sowie Zuwanderern oder Zuwanderinnen. Unterschieden wird dabei zwischen → Zugewanderten der ersten Generation, also Menschen, die selbst nach Deutschland zugewandert sind (eigene Migrationserfahrung), und Zuwanderern und Zuwanderinnen der zweiten Generation, also Personen, die selbst in Deutschland geboren sind und mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil haben.

Migration Hump: Gemäß der Theorie des sog. migration hump werden grenzüberschreitende Wanderungen aus Ländern erst wahrscheinlicher, wenn deren kaufkraftbereinigtes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr etwa 2.000 US-Dollar erreicht – ein Wert, der weit über dem Bruttoinlandsprodukt vieler armer Länder liegt. Internationale Wanderungen über längere Distanzen werden vermutlich sogar erst ab einer Wirtschaftsleistung von 3.000 bis 10.000 US-Dollar wahrscheinlicher. Damit widerlegt der migration hump die häufig vertretene Annahme, Migration sei zumeist eine Reaktion auf akute Armut. Zugleich hinterfragt die Theorie den ebenfalls häufig angenommenen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und sinkender Emigration: Der migration hump impliziert einen positiven Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung (zu der Entwicklungshilfe in armen Ländern beitragen kann) und Emigration. Allerdings wird auch dies in aktuellen Studien hinterfragt, die zu dem Ergebnis kommen, dass selbst in armen Ländern Einkommenssteigerung zu weniger Emigration führen kann (entsprechende Effekte fielen den Studien zufolge aber sehr moderat aus).

N

neue deutsche organisationen (ndo): Das Netzwerk neue deutsche organisationen (ndo) wurde 2015 auf Initiative des Vereins Neue Deutsche Medienmacher e. V. in Berlin gegründet; es besteht aus derzeit deutschlandweit rund 130 Vereinen, Organisationen und Projekten, die sich für Vielfalt als Normalität und gegen Rassismus engagieren und für ein inklusives chancengerechtes Deutschland eintreten. Die ndo kritisieren, dass Black, Indigenous and People of Color (BIPoC) sowie Menschen, die keine ‚typisch deutschen‘ Namen tragen, häufig als nicht Deutsch wahrgenommen und in der Folge diskriminiert werden. Im Zentrum der Arbeit des Netzwerks stehen die Themen Rassismus, Identität und Zugehörigkeit. Die ndo werden mitunter als → Migrantenorganisationen (MO) neuen Typs bezeichnet. Sie selbst sehen sich ausdrücklich nicht als migrantische, sondern als postmigrantische Bewegung. Dennoch existieren zahlreiche Organisationen, die sich als MO sehen und zugleich dem Netzwerk ndo angehören.

Niederlassungserlaubnis: Die Niederlassungserlaubnis berechtigt zu einem unbefristeten Aufenthalt in Deutschland. Sie berechtigt zudem zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Drittstaatsangehörige können eine Niederlassungserlaubnis erhalten, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen: u. a. seit fünf Jahren im Besitz einer  Aufenthaltserlaubnis sind, eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, ihren Lebensunterhalts sichern können und über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Die Niederlassungserlaubnis kann sowohl bei einer Ausreise aus einem nicht nur vorübergehenden Grund als auch bei einer Ausreise von mehr als sechs Monaten erlöschen. Grundsätzlich beinhaltet die Niederlassungserlaubnis jedoch eine weitgehende Gleichstellung von  Drittstaatsangehörigen mit deutschen Staatsangehörigen z. B. beim Arbeitsmarktzugang und bei sozialen Leistungen.

O

Optionspflicht: Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 erhalten in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern unter bestimmten Voraussetzungen neben der ausländischen  Staatsangehörigkeit  ihrer Eltern auch die deutsche ( doppelte Staatsangehörigkeit). Dabei wurde jedoch die sog. Optionspflicht eingeführt. Bis zu einer erneuten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2014 sah diese vor, dass sich diese Personen bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden mussten; erfolgte keine Entscheidung, ging automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 2014 wurden all diejenigen Betroffenen von der Optionspflicht befreit, die neben der deutschen nur die Staatsangehörigkeit eines EU-Staates oder der Schweiz besitzen oder in Deutschland aufgewachsen sind. Dazu zählen alle, die mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben oder sechs Jahre in Deutschland zur Schule gegangen sind bzw. einen Schul- oder Berufsabschluss in Deutschland gemacht haben. Alle anderen müssen sich nach wie vor mit Vollendung des 21. Lebensjahres zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden, für sie gilt also weiterhin die Optionspflicht.

P

Politische Selbstwirksamkeit: Das Konzept der Politischen Selbstwirksamkeit untersucht zum einen, wie Menschen ihre eigene Fähigkeit beurteilen, politische Sachverhalte nachzuvollziehen und sich politisch zu beteiligen. Zum anderen analysiert es, inwieweit sie der Meinung sind, dass Politikerinnen und Politiker sich um die Anliegen der Bevölkerung kümmern und deren Interessen aufgreifen. Politische Selbstwirksamkeit gilt als ein zentraler Einflussfaktor für politische Teilhabe: Menschen mit hoher politischer Selbstwirksamkeit nehmen eher am politischen Geschehen teil und beteiligen sich – im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten – an seinen Prozessen.

Positivliste: s. → Mangelberuf

Punktesystem: Ein Punktesystem ist ein zuwanderungspolitisches Filterverfahren, durch das eine bestimmte Gruppe von Zuwanderungsinteressierten in der Regel auch ohne konkretes Jobangebot in ein Land kommen kann. Über die Vergabe von Punkten wird überprüft, ob Bewerber und Bewerberinnen die für eine Zuwanderung ohne Arbeitsvertrag erforderlichen Kriterien erfüllen. Die meisten Punktesysteme beziehen dabei vor allem das Alter der Bewerber und Bewerberinnen, deren Sprachkenntnisse sowie deren schulische und berufliche Qualifikationen ein.

Q

R

Regelsysteme: Die Regelsysteme betreffen alle Menschen in einem Gemeinwesen, beispielsweise das Bildungs- oder das Gesundheitssystem. Um die → Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern zu fördern, sollten die Regelsysteme so ausgestaltet sein, dass sie allen Menschen, unabhängig von ihrer jeweiligen Herkunft, zugänglich sind und von allen genutzt werden können (→ Interkulturelle Öffnung).

Reglementierte Berufe: Einige Berufe sind in Deutschland reglementiert. Das bedeutet, dass für ihre Ausübung eine bestimmte Qualifikation gesetzlich vorgeschrieben ist. Nur wer diese Qualifikation nachweisen kann – in der Regel durch eine bestandene staatliche Prüfung –, erhält eine Ausübungserlaubnis für den jeweiligen Beruf. Liegt ein ausländischer Berufsabschluss vor, muss behördlich festgestellt werden, dass er einem deutschen Abschluss gleichwertig ist. Wenn dafür Ausbildungsinhalte fehlen, müssen sie nachgeholt werden (→ Anerkennung ausländischer Abschlüsse). Zu den reglementierten Berufen gehören u. a. die meisten → Gesundheits- und Pflegeberufe, Berufe in Schule und Erziehung sowie die Berufe Rechtsanwalt/Rechtsanwältin und Architekt/Architektin. Es gibt insgesamt 81 bundesrechtlich und 18 auf Länderebene reglementierte Berufe

Reguliertes free choice-Modell: Dieser Vorschlag des SVR verbindet das → Dublin-Prinzip (s. Gemeinsames Europäisches Asylsystem) mit der als free choice bekannten Idee, dass  Flüchtlinge ihren Aufenthaltsort frei wählen können. Für die Durchführung der → Asylverfahren und die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden wäre nach dem SVR-Modell weiterhin der Staat der Ersteinreise zuständig. Dies würde aber zunehmend unter europäischer (Mit-)Verantwortung geschehen. Um die Staaten an den EU-Außengrenzen zu entlasten, schlägt der SVR vor, die Weiterwanderungsabsichten von anerkannten Flüchtlingen für eine korrigierende Umverteilung zu nutzen. Dafür würden anerkannten Flüchtlingen schrittweise  Freizügigkeitsrechte gewährt. Diese wären aber an bestimmte Bedingungen geknüpft. Eine Voraussetzung dafür könnte z. B. eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration sein (das würde zugleich die Zahl der Weiterwandernden beschränken). Außerdem wäre denkbar, dass anerkannte Asylsuchende, die innerhalb Europas weiterwandern, nur eingeschränkte Sozialleistungen erhalten. Zusätzlich zu diesem regulierten free choice-Modell könnte ein Mechanismus des finanziellen Ausgleichs eingeführt werden: Wenn Länder z. B. überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufnehmen, würden die Kosten dafür zumindest teilweise durch zusätzliche EU-Zuweisungen ausgeglichen. Diese würden entsprechend von EU-Ländern getragen, bei denen die Zahl der Flüchtlinge unter dem Durchschnitt liegt.

Reintegrationsprogramme: Staatlich aufgelegte Programme, um Personen ohne Aufenthaltsberechtigung nach der Rückkehr in ihr Herkunftsland durch Beratung und weitere Initiativen zu unterstützen, um ihren Zugang zu Unterkunft, Bildung und Beschäftigung zu fördern. Im Kontext der → Freiwilligen Rückkehr richten sich Reintegrationsprogramme v. a. an abgelehnte → Asylsuchende.

Relocation: Innerhalb der Europäischen Union sind im Zuge des erhöhten Flüchtlingszuzugs und der Überlastung der primären Erstankunftsstaaten Maßnahmen zur internen Umsiedlung von Personen mit eindeutigem Schutzbedarf vereinbart worden. So sollten zwischen September 2015 und September 2017 bis zu 160.000 Personen aus Italien und Griechenland nach einem Verteilschlüssel auf die übrigen Mitgliedstaaten verteilt werden. Allerdings konnte nur ein geringer Teil dieses Kontingents realisiert werden, u. a. weil sich einige Mitgliedstaaten ihren Aufnahmeverpflichtungen ganz oder teilweise entzogen.

Resettlement: s. →  Aufnahmeprogramme

Residenzpflicht: Die Residenzpflicht ist eine behördliche Auflage, nach der sich → Asylbewerber und Asylbewerberinnen sowie → Geduldete nur in ihrem zugewiesenen Aufenthaltsbereich bewegen dürfen. Die räumliche Aufenthaltsbeschränkung bezieht sich bei → Asylsuchenden in der Regel auf den Bezirk jener Ausländerbehörde, in dem sich die für die Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung befindet. Nach drei Monaten des gestatteten oder geduldeten Aufenthalts entfällt die räumliche Beschränkung und die Betroffenen können sich frei im Bundesgebiet bewegen – es sei denn, dass weiterhin eine Verpflichtung besteht, in einer Landesaufnahmeeinrichtung zu wohnen, etwa bei → Ausländerinnen und Ausländern aus → sicheren Herkunftsstaaten. In bestimmten Fällen kann eine Residenzpflicht erneut angeordnet werden (z. B. wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bevorsteht oder bei einer Verurteilung aufgrund bestimmter Straftaten).

Rückführung: s.  Abschiebung

Rücküberweisungen: Der Begriff (engl.: remittances) umfasst in einer engen Definition allein die Geld- und Gütertransfers von Zugewanderten in ihre Herkunftsländer. In einer weiten Definition werden auch die erzielten Löhne ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hinzugezählt, die sich weniger als ein Jahr im Zielland aufhalten, sowie der Nettowert von Anlagevermögen, das Zugewanderte ggf. nach ihrer Rückkehr mitbringen. Neben diesen finanziellen Rücksendungen gibt es auch sog. soziale Rücküberweisungen, wenn Zugewanderte z. B. im Zielland erfahrene Rollenbilder, Werte oder Moden über verschiedene Kommunikationskanäle in ihre Herkunftsländer weitergeben.

S

Schengener Abkommen: Die Schengener Abkommen sind internationale Verträge zur Abschaffung der stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten. Das ursprüngliche Schengener Abkommen wurde 1985 zwischen den Benelux-Staaten, Frankreich und Deutschland geschlossen. Zehn Jahre später setzten die gleichen Staaten gemeinsam mit Portugal und Spanien das 1990 vereinbarte Schengener Durchführungsübereinkommen in Kraft. Mit dem Amsterdamer Vertrag von 1997 wurden die Maßgaben der Schengener Abkommen in die EU überführt. Mittlerweile gilt der Schengen-Acquis in den meisten EU-Staaten (Irland, Bulgarien, Rumänien und Zypern ausgenommen) sowie in Norwegen, Island, der Schweiz und Liechtenstein uneingeschränkt. Inhaber und Inhaberinnen eines Schengen-Visums dürfen sich im gesamten Schengen-Raum frei bewegen. Beim Überschreiten der Binnengrenzen unterliegen auch sie keinen Kontrollen. Neben dem Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen schreibt der Schengen-Besitzstand u. a. eine Angleichung der Visa- und Asylpolitik, verstärkte Kontrollen an den Außengrenzen, die gemeinsame Bekämpfung von Drogenkriminalität sowie eine engere Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten fest.

Schutzquote: Die Schutzquote (auch Gesamtschutzquote) benennt den Anteil aller Asylanerkennungen, der Gewährungen von Flüchtlings- sowie subsidiärem Schutz und der Feststellungen eines nationalen Abschiebeverbotes an der Gesamtzahl der Entscheidungen des BAMF im betreffenden Zeitraum. Die bereinigte Gesamtschutzquote ist der Anteil positiver Entscheidungen an allen Entscheidungen ohne sog. formelle Entscheidungen, also Fälle, die sich vor der Entscheidung durch das BAMF anderweitig erledigt haben (z. B. aufgrund der Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaats im Rahmen des  Dublin-Verfahrens).

Segregation: Segregation bezeichnet die Konzentration einer bestimmten Gruppe in einem Bereich bei gleichzeitiger Unterrepräsentation in einem anderen. Wohnräumliche Segregation z. B. lässt sich über einen Segregationsindex abbilden, der die Unterschiede in der räumlichen Verteilung einer Bevölkerungsgruppe im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung misst und Werte zwischen 0 (Zusammensetzung der Bevölkerung jedes Stadtteils entspricht derjenigen des gesamten Stadtgebiets) und 100 (vollständige wohnräumliche Trennung der Vergleichsgruppen in unterschiedliche Viertel) annehmen kann.

Selbstbestätigungsintervention: Hinter der Intervention (engl. Self-affirmation) steht die theoretische Annahme, dass Menschen immer nach Selbstintegrität streben, also danach, dass sie von sich selbst und von anderen als integer, konsistent und der Situation gewachsen wahrgenommen werden. → Stereotype Bedrohung führt dazu, dass dieser Aspekt der eigenen Identität infrage gestellt wird und Menschen in einer solchen Stresssituation versuchen, ihre Selbstintegrität wieder zu verbessern, z. B. durch Abwertung anderer. Mit der Selbstbestätigungsintervention wird ein anderer Weg beschritten und Menschen werden dazu ermutigt, sich mit positiven Facetten des Selbst zu beschäftigen. Hierzu gehört beispielsweise die Einsicht, dass man eine unterstützende Familie hat oder gerne Musik spielt. Die Intervention wurde bislang vor allem in Form einer kreativen Schreibübung im Schulkontext umgesetzt mit dem Ziel, Schulleistungen von Schülerinnen und Schülern zu verbessern. Interventionen nach der Selbstbestätigungstheorie haben sich jedoch auch in anderen Bereichen als wirksam erwiesen, so im Gesundheitsbereich oder bei Konflikten zwischen sozialen Gruppen. Die Theorie wurde 1988 erstmalig durch den Sozialpsychologen Claude Steele geprägt.

Sichere Drittstaaten: Als sichere Drittstaaten gelten nach dem Grundgesetz (Art. 16a Abs. 2) Staaten, in denen die Einhaltung der → Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist. Das Asylgesetz definiert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten (§ 26a Abs. 2). → Asylsuchende, die aus einem solchen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen wollen, können sich nicht auf das nationale Asylrecht nach Art. 16a GG berufen, da bereits in dem sicheren Drittstaat, über den sie eingereist sind, die Möglichkeit bestand Schutz vor Verfolgung zu erlangen. Diese Regelung wirkt sich jedoch nicht auf das Schutzbegehren auf internationalen Schutz aus, d. h. ein → Drittstaatsangehörige kann weiterhin einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder des subsidiären Schutzstatus stellen. Insoweit überlagern die unionsrechtlichen Vorgaben das nationale sichere Drittstaatenkonzept. Ferner entscheidet die → Dublin-III-Verordnung darüber, ob Deutschland für die Prüfung des Antrags zuständig ist. Unabhängig von dieser nationalen Drittstaatenregelung wird derzeit auch auf europäischer Ebene ein Konzept sicherer Drittstaaten diskutiert, wonach der innerhalb der EU zuerst um Schutz ersuchte Mitgliedstaat prüfen soll, ob eine Abschiebung in einen sicheren Drittstaat außerhalb der Union zulässig ist.

Sichere Herkunftsstaaten: Sichere Herkunftsstaaten sind Staaten, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse davon ausgegangen wird, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfinden (z. B. Folter). Anträge von → Asylbewerbern und Asylbewerberinnen, die aus sicheren Herkunftsstaaten kommen, werden in der Regel als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Kann ein Asylbewerber bzw. eine Asylbewerberin dennoch glaubhaft machen, dass er/sie in einem sicheren Herkunftsstaat verfolgt wird, kann ihm/ihr individuell Schutz gewährt werden. Sichere Herkunftsstaaten sind nach deutschem Recht neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, sowie Ghana und Senegal.

Sozialindex: Unter Sozialindex versteht man einen statistischen Belastungswert, der die sozioökonomischen Standortmerkmale von Stadtteilen oder größeren geografischen Einheiten misst. Sozialindizes werden u. a. in der Schulfinanzierung eingesetzt. Hierzu bündelt der Index Daten der Schul- und Sozialraumstatistik für möglichst kleine Räume und misst so die soziale Belastung an einer Schule und im direkten Schulumfeld.

Spätaussiedler: s. → Aussiedler/Spätaussiedler

‚Spurwechsel‘: Das Einwanderungsrecht zahlreicher Einwanderungsländer ist motivbasiert strukturiert: So unterscheidet auch das Aufenthaltsgesetz in Deutschland klassisch zwischen „Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung“, „Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit“, „Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen“ sowie „Aufenthalt aus familiären Gründen“ (s. → Aufenthaltserlaubnis). Von einem ‚Spurwechsel‘ spricht man entsprechend, wenn der ursprünglich gewählte oder zugesprochene  Aufenthaltstitel den neuen Lebensumständen nicht mehr entspricht. Im deutschen Recht existieren diverse Optionen einer aufenthaltsrechtlichen ‚Motivkorrektur‘. Weitgehend unumstritten sind bspw. die in den letzten Jahren deutlich erweiterten Möglichkeiten für ausländische Hochschulabsolventen und -absolventinnen (s. → Bildungsausländer/Bildungsinländer) nach dem Studium in Deutschland zu arbeiten. Rechtspolitisch umstritten ist hingegen eine Variante des ‚Spurwechsels‘, der einen Übergang aus dem Asylsystem (s. → Asylbewerber/Asylsuchende/Flüchtling) in den Bereich der Erwerbsmigration (s.  Arbeitsmigration) ermöglicht (so z. B. → 3-plus-2-Regelung). Im deutschen Recht existieren bereits verschiedene Varianten eines ‚nachgelagerten‘ Spurwechsels.

Staatsangehörigkeit: Die Staatsangehörigkeit ist die juristische Zugehörigkeit eines Menschen zu einem bestimmten Staat, mit allen Rechten und Pflichten.  Staatsangehörige sind entsprechend  Menschen, die einem bestimmten Staat angehören. Die Staatsangehörigkeit wird in der Regel durch Geburt erworben, entweder auf Grundlage des mit den Eltern verbundenen Abstammungsprinzips (ius sanguinis) oder auf Grundlage des Geburtsortprinzips (ius soli). Bei ersterem erhält ein Kind bei der Geburt automatisch die Staatsangehörigkeit bzw. Staatsangehörigkeiten der Eltern (Abstammung). Bei letzterem erhält ein Kind bei der Geburt automatisch die Staatsangehörigkeit des Landes, in dem es geboren wird (Geburtsort). In vielen Staaten kommen mittlerweile beide Prinzipien zur Anwendung.

In Deutschland galt lange Zeit ausschließlich das Abstammungsprinzip: Ein Kind erhielt nur dann die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil diese besaß. Im Rahmen der Staatsangehörigkeitsreform im Jahr 2000 wurde das Abstammungsprinzip durch ein Element des Geburtsortsprinzips ergänzt. Seither erhalten auch Kinder ausländischer Eltern unter bestimmten Voraussetzungen die deutsche Staatsangehörigkeit bei der Geburt in Deutschland. Dazu muss jedoch mindestens ein Elternteil seit acht Jahren gewöhnlich und rechtmäßig in Deutschland leben und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht (oder eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Schweiz) haben. Das Kind erhält dann bei der Geburt in der Regel mehrere Staatsangehörigkeiten: die deutsche auf Grund des Geburtsortsprinzips sowie die der Eltern auf Grund des Abstammungsprinzips ( doppelte Staatsangehörigkeit). In bestimmten Fällen muss es sich jedoch später für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden (sog.  Optionspflicht). Neben dem Erwerb durch Geburt kann die Staatsangehörigkeit eines Landes meist auch auf anderem Wege erworben werden, z. B. durch  Einbürgerung oder Adoption.

Stereotype Bedrohung: Mit diesem aus der Sozialpsychologie stammenden Begriff (engl. Stereotype Threat) wird die Angst von Menschen bezeichnet, ein negatives Stereotyp über ihre soziale Gruppe (und damit über sich selbst) zu bestätigen. So erleben manche Schülerinnen und Schüler mit → Migrationshintergrund, dass ihnen aufgrund äußerer Merkmale (z. B. ihres Namens, ihrer Hautfarbe, ihres sprachlichen Akzents) gute Schulleistungen nicht zugetraut werden. Eine solche Bewertungsangst führt dazu, dass Menschen ihr vorhandenes kognitives Potenzial nicht ausschöpfen können. In Leistungssituationen – wie z. B. Klassenarbeiten – erleben jene Personen verstärkte psychologische und körperliche Stressreaktionen, bspw. Angst, den Wunsch sich zu beweisen, Herzklopfen, feuchte Hände. Durch den veränderten Aufmerksamkeitsfokus hat das Arbeitsgedächtnis geringere Kapazitäten, um sich auf die Erfordernisse der Leistungssituation zu konzentrieren. Dies führt dazu, dass von stereotyper Bedrohung betroffene Personen häufig tatsächlich schlechtere Leistungen erbringen als sie eigentlich zeigen könnten.

T

Teilhabe: Beim Teilhabebegriff (→ Integration) wird wissenschaftlich unterschieden zwischen der Zugangsteilhabe, also den Zugängen von Individuen zu den unterschiedlichen Teilbereichen der Gesellschaft, und der Mitwirkungsteilhabe, also den Möglichkeiten, das gesellschaftliche Umfeld aktiv mitzugestalten. In der Teilhabeforschung wird untersucht, inwiefern Zugangs- und Mitwirkungsmöglichkeiten unterschiedlich und sozial ungleich verteilt sind, an welche Voraussetzungen die Teilhabe an den unterschiedlichen Teilbereichen (der Gesellschaft z.B. Arbeitsmarkt, Wohlfahrtstaat und Bildung) geknüpft ist und welche (sozial-) politische Bedingungen die Teilhabe befördern oder einschränken.

Trapped Populations: Der Begriff trapped populations (zu Deutsch ‚gefangene Bevölkerungsgruppen‘) umschreibt im wissenschaftlichen und politischen Diskurs über → klimawandelbedingte Migration eine Problemstellung, die seit den 2010er Jahren verstärkt in den Blick rückt. In bestimmten Konstellationen ist Migration zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels notwendig, aber nicht möglich. Dahinter steht z. B. folgendes Dilemma: Besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen mit einer bereits geringen Ressourcen- bzw. Finanzausstattung sind von den Folgen des Klimawandels häufig besonders stark betroffen. Zugleich brechen ihnen durch klimawandelbedingte Umweltveränderungen unter Umständen die letzten finanziellen Einnahmen weg, die für eine Migration erforderlich wären; z. B. infolge von Ernteausfällen und weil ihr Land an Wert verliert und daher auch nicht einfach verkauft werden kann. Sie gelten daher als ‚gefangen‘ (trapped). Für betroffene Bevölkerungsgruppen ist Migration als potenzielle Anpassungsstrategie an den Klimawandel keine Option.

Triple Win: Das Programm „Triple Win“ wird seit 2013 von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kooperation mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) und verschiedenen Partnerländern durchgeführt. Im Rahmen des Programms werden qualifizierte Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger für deutsche Unternehmen angeworben, sprachlich qualifiziert und bei der → Anerkennung ihrer Qualifikationen begleitet. Das Programm besteht derzeit mit den Partnerländern Philippinen, Bosnien und Herzegowina, Tunesien und Vietnam. Bei der Kooperation mit Vietnam werden nicht voll qualifizierte Pflegekräfte vermittelt, sondern Auszubildende, die im Anschluss eine Pflegeausbildung in Deutschland durchlaufen.

U

Übergangsmanagement: Darunter versteht man die gemeinsame Gestaltung von Übergängen im Bildungssystem (z. B. von der Kita in die Grundschule) bzw. von der Bildungs- in die Arbeitswelt, bei der die abgebende und die aufnehmende Institution sowie weitere übergangsrelevante Akteure systematisch zusammenarbeiten. Kinder und Jugendliche mit  Migrationshintergrund sind bei Übergängen häufiger benachteiligt, z. B. besuchen sie häufiger eine Hauptschule und finden seltener einen Ausbildungsplatz als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Ein lokales Übergangsmanagement mit verstärkter Vernetzung der beteiligten Einrichtungen sowie gezielte Maßnahmen zur Ausbildungsvorbereitung können helfen, entsprechende Wege in den nächsten Lebensabschnitt zu ebnen.

Überlebensmigration: Der Begriff Überlebensmigration (survival migration) bezieht sich auf Wanderungen und Mobilitätsformen über meist kurze Distanzen, die häufig plötzlich (z. B. in Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse) erforderlich werden und mit denen Menschen versuchen, sich aus einer akut lebensbedrohlichen Situation zu befreien. Es handelt sich nicht um einen Rechtsbegriff. Eingeführt wurde der Begriff 2010 von dem Politikwissenschaftler Alexander Betts, um auf die Situation von Menschen aufmerksam zu machen, die sich aufgrund fundamentaler Bedrohungen ihrer Menschenrechte in einem anderen Land befinden, deren Situation jedoch außerhalb des Definitionsbereichs der
Genfer Flüchtlingskonvention liegt. In Diskursen über
klimawandelbedingte Migration wird der Begriff häufig auch auf → 
Binnenflüchtlinge bezogen.

Übermittlungspflicht: Wenn öffentliche Stellen im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis darüber erhalten, dass sich → irregulär aufhältige Migrantinnen bzw. Migranten in Deutschland aufhalten, also Personen → ohne asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Status und ohne → Duldung, sind sie gem. § 87 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) dazu verpflichtet, dies den zuständigen Ausländerbehörden mitzuteilen. Ausgenommen von dieser Pflicht zur Datenübermittlung sind Schulen sowie Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Die Übermittlungspflicht kann zur Folge haben, dass irregulär aufhältige Personen die ihnen nach §§ 4 und 6 → Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zustehenden medizinischen Leistungen nicht in Anspruch nehmen, weil sie sich hierdurch dem Risiko der Entdeckung und → Abschiebung aussetzen. Um sicherzustellen, dass diese Personengruppe im medizinischen Notfall keine Entdeckung befürchten muss, wurde 2009 ein „verlängerter Geheimnisschutz“ bei medizinischen Notfallbehandlungen eingeführt, der jedoch in der Praxis keine ausreichende Rechtssicherheit herbeiführte, u. a. weil der Begriff des medizinischen Notfalls rechtlich nicht eindeutig definiert ist. Der SVR empfiehlt deshalb in seinem Jahresgutachten 2022, den medizinischen Bereich durch eine Änderung von § 87 AufenthG insgesamt von der Übermittlungspflicht auszunehmen.

Umweltmigration: Unter der begrifflichen Klammer Umweltmigration und verwandten Wendungen (z. B. Umweltvertreibung oder Umweltflucht) wird in Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft ein breites Spektrum unterschiedlicher Wanderungsformen und -muster diskutiert, von denen man annimmt, dass Umweltveränderungen (menschlichen oder anderen Ursprungs) dafür eine maßgebliche Rolle spielen. Das Spektrum potenzieller Gegenstandsbereiche ist somit je nach Auslegung extrem breit: Es reicht potenziell von geplanten Umsiedlungen im Rahmen von Staudamm-Großprojekten oder kriegsbedingten Umweltschäden über plötzliche Flucht vor geophysikalischen Katastrophen (wie Erdbeben oder Vulkanausbrüchen) oder aber auch Chemieunfällen bis hin zu dem ebenfalls in sich vielfältigen Gegenstandsbereich → klimawandelbedingter Migration. Ähnlich wie bei den Zusammenhängen zwischen menschengemachtem Klimawandel und Migration gilt auch beim Blick auf das noch weitere Feld der Umweltmigration, dass sich umweltseitige und gesellschaftliche Einflussgrößen hinter entsprechenden Migrationsbewegungen nicht trennen lassen, sondern grundsätzlich eng verwoben sind.

Unionsbürgerschaft: Die Unionsbürgerschaft wird automatisch allen → Staatsangehörigen der EU-Mitgliedsländer gewährt. Dabei ergänzt sie die nationale Staatsangehörigkeit, ohne diese zu ersetzen. Eingeführt wurde die Unionsbürgerschaft 1992 mit dem Vertrag von Maastricht.

UN-Leitlinien zu Binnenvertreibung: Bei einem beträchtlichen Teil erzwungener Migration werden keine Staatsgrenzen überschritten. Die Verantwortung für die Unterstützung von → Binnenvertriebenen bzw. → Binnenflüchtlingen liegt damit weiterhin bei den Herkunftsstaaten, die dieser Aufgabe jedoch oft nicht nachkommen können oder wollen. Vor diesem Hintergrund wurde mit den UN-Leitlinien zu Binnenvertreibung (Guiding Principles on Internal Displacement) aus dem Jahr 1998 versucht, auf internationaler Ebene normative Standards für den Umgang mit Binnenvertreibung, ihrer Vermeidung und den Schutz von Binnenvertriebenen zu setzen. Die in den Leitlinien enthaltene Definition des Begriffs  Binnenvertriebene umfasst – im Unterschied zur Definition eines → Flüchtlings in der → Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) – weitere Fluchtgründe, etwa solche, die auf Veränderungen in der physischen Umwelt zurückgehen, wie etwa Umweltkatastrophen. Deshalb spielen die UN-Leitlinien zu Binnenvertreibung u. a. auch eine besondere Rolle in der Auseinandersetzung mit Schutzlücken im Bereich → klimawandelbedingter Migration. Anders als die Genfer Flüchtlingskonvention begründen die UN-Leitlinien zu Binnenvertreibung keine staatlichen Verpflichtungen. Es handelt sich um unverbindliche Empfehlungen auf Basis etablierter Menschenrechtsnormen (wie z. B. dem Gleichbehandlungsprinzip) und Elementen des humanitären Völkerrechts. Die aus den UN-Leitlinien abgeleitete → Kampala-Konvention zu Binnenvertreibung in Afrika ist hingegen rechtsverbindlich.

V

Visum: Ein Visum ist eine Erlaubnis zur Einreise, Durchreise und zum Aufenthalt, die von einer deutschen Auslandsvertretung ausgestellt wird. Es wird in der Regel als Sichtvermerk in den Pass eingefügt.

Vorbereitungsklasse: Als Vorbereitungsklasse oder Willkommensklasse bezeichnen die Kultusverwaltungen der Bundesländer Schulklassen, die  Flüchtlinge und andere neu zugewanderte Schulkinder für ein bis maximal zwei Jahre auf den regulären Unterricht vorbereiten. Im Vordergrund steht der Erwerb der deutschen Sprache. Weitere Begriffe für diese Klassen sind z. B. Vorkurse, Internationale Vorbereitungsklasse oder Intensivklasse. Je nach Bundesland bieten auch Berufsschulen Klassen zur sprachlichen und fachlichen Ausbildungsvorbereitung an.

Vorrangprüfung: Bei der Vorrangprüfung wird geprüft, ob ein Arbeitsplatz mit einem inländischen Arbeitnehmer bzw. einer inländischen Arbeitnehmerin besetzt werden kann (bzw. einer Person aus der EU/EWR/Schweiz oder einem → Ausländer/einer Ausländerin mit → Niederlassungserlaubnis). Nur wenn sich keine passende bevorrechtigte Bewerberin bzw. kein passender Bewerber findet, kann ein ausländischer Bewerber bzw. eine ausländische Bewerberin eingestellt werden. Die Vorrangprüfung findet nur noch in wenigen Bereichen der → Arbeitsmigration Anwendung, bspw. bei der → ‚Westbalkan-Regelung‘.

W

Wanderungsbilanz/Wanderungssaldo: Die Wanderungsbilanz bzw. der Wanderungssaldo ist die Differenz zwischen Zu- und Abwanderungen in ein bzw. aus einem Land. Ist der Saldo positiv (also wandern mehr Personen zu als ab), spricht man von einem Wanderungsgewinn bzw. von Nettozuwanderung, ist er negativ (also wandern mehr Personen ab als zu), von einem Wanderungsverlust bzw. von Nettoabwanderung.

‚Westbalkan-Regelung‘: In Zusammenhang mit der Ergänzung der Liste  sicherer Herkunftsländer um Länder des Westbalkans (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien) wurde für Staatsangehörigen dieser Länder die Möglichkeit der Einreise zum Zweck der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtert (s.  Arbeitsmigration). Demnach können Staatsangehörige dieser Länder einreisen und eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, sofern sie einen Arbeitsvertrag haben. Eine bestimmte Qualifikation wird nicht verlangt. Die einzige Voraussetzung ist eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Sie prüft die Arbeitsbedingungen und führt eine → Vorrangprüfung durch. Binnen kurzem hat sich diese Regelung zu einem der Haupteinreisekanäle für Erwerbsmigrantinnen und -migranten entwickelt. Die Regelung ist bis zum 31.12.2023 befristet.

Willkommensklasse: s. → Vorbereitungsklasse

Wohnsitzauflage: Seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes im August 2016 gilt eine Wohnsitzauflage für alle anerkannten → Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigten und  Geduldeten. Ihr Wohnsitz ist für die ersten drei Jahre ihres Aufenthalts auf das Bundesland beschränkt, in das sie nach dem → Königsteiner Schlüssel verteilt wurden. Die Wohnsitzauflage findet keine Anwendung, wenn eine sozialversicherungspflichtige Arbeit von mindestens 15 Wochenstunden aufgenommen wird oder eine Berufsausbildung bzw. ein Studium absolviert werden. Jedes Bundesland kann außerdem weitere Bestimmungen erlassen, die den Wohnsitz auf einen bestimmten Ort beschränken, wenn dadurch die Integration der anerkannten Flüchtlinge nachhaltig befördert wird. Die Wohnsitzregelung wurde zunächst auf drei Jahre befristet. Am 7. Juni 2019 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Entfristung des Integrationsgesetzes, das im Juli 2019 in Kraft trat.

X,Y

Z

Zirkuläre Migration: Die Migrationsforschung versteht unter zirkulärer Migration im weitesten Sinne die Wanderungen von Menschen, die ihr Herkunftsland auf bestimmte Zeit verlassen und im Anschluss daran dorthin zurückkehren. Im engeren Sinne wird erst von Zirkularität gesprochen, wenn diese temporären Wanderungen wiederholt stattfinden. Dabei können sowohl individuelle Entscheidungen der Migranten und Migrantinnen als auch migrationspolitische Regelungen der Aufnahmeländer, wie zeitlich befristete Aufenthaltstitel, die Zirkularität der Wanderungen bedingen.

Zugewanderte: Als Zugewanderte bezeichnet der SVR Zuwanderer und Zuwanderinnen der ersten Generation. Das heißt Personen, die selbst aus dem Ausland zugezogen sind, unabhängig von ihrer derzeitigen → Staatsangehörigkeit.

Zuwanderung: Die Begriffe Zuwanderung und  Einwanderung werden in der öffentlichen Diskussion oft synonym verwendet. Eine eindeutige juristische Abgrenzung der Begriffe gibt es nicht.  Zuwanderung umfasst grundsätzlich alle Formen der grenzüberschreitenden Migration, d. h. beispielsweise auch temporäre Aufenthalte (ausgenommen Tourismus). Einwanderung bezeichnet hingegen eher eine dauerhafte Einreise und einen damit verbundenen dauerhaften legalen Aufenthalt in einem Land.

Der SVR hat sich bewusst dafür entschieden, in seinen Jahresgutachten von ‚Zuwanderern und Zuwanderinnen‘ und ‚Zuwanderung‘ und nicht von ‚Einwanderern und Einwanderinnen‘ und ‚Einwanderung‘ zu sprechen. Der Grund hierfür ist, dass das Begriffspaar ‚Zuwanderer und Zuwanderinnen‘ und ‚Zuwanderung‘ flexibler ist und daher besser als die Konkurrenzbegriffe ‚Einwanderer und Einwanderinnen‘ und ‚Einwanderung‘ die oftmals transnationalen Migrations- und Mobilitätsprozesse abbilden kann, die nicht immer mit einer endgültigen Verlagerung des Lebensmittelpunktes von einem Staat in einen anderen Staat einhergehen. Mit dieser Begriffswahl wird nicht der Status Deutschlands als Einwanderungsland in Frage gestellt (entsprechend trägt auch das Jahresgutachten 2015 den Titel „Unter Einwanderungsländern: Deutschland im internationalen Vergleich“).

Zuwanderungsgesetz: Durch das 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz wurde neben dem Freizügigkeitsgesetz/EU das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geschaffen, das das zuvor geltende Ausländergesetz ersetzt und die  Zuwanderung nach Deutschland steuern und begrenzen soll. Vorausgegangen war die Einberufung der „Unabhängigen Kommission Zuwanderung“ (sog. Süssmuth Kommission), die Gesetzesvorschläge für eine Regelung zur Neuzuwanderung ausarbeiten sollte. Das daraufhin erlassene Zuwanderungsgesetz beinhaltet Vorschriften zur Einreise und zum Aufenthalt von → Ausländern und Ausländerinnen in das Bundesgebiet, zu möglichen Aufenthaltszwecken, zur Erwerbstätigkeit sowie zur Aufenthaltsbeendigung und zum → Asylverfahren. Es führte auch die  Integrationskurse ein.