Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie

Stellungnahme | Juli 2024

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) wurde vom Presse- und Informationsamts der Bundesregierung eingeladen, zur Dialogfassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) Stellung zu nehmen.

Der SVR hat sich in der jüngeren Vergangenheit mit Fragestellungen beschäftigt, die Berührungspunkte zu Nachhaltigkeitsthemen aufweisen. In seinem 2023 veröffentlichten Jahresgutachten hat er den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Migration analysiert und entsprechende Handlungsoptionen entwickelt. Der SVR empfiehlt der Bundesregierung, auch die Aspekte, die hieraus für eine Klimaaußen- und
-migrationspolitik resultieren, in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu berücksichtigen. Die Stellungnahme geht auf ausgewählte Aspekte aus dem Jahresgutachten ein.

Integration in Schleswig-Holstein. Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2022

Expertise | Juni 2024

Insgesamt erweisen sich die Einschätzungen der Bevölkerung zu Integration in Schleswig-Holstein trotz der vielfältigen Herausforderungen, die sich etwa durch große Fluchtbewegungen seit 2015 ergeben haben, als außerordentlich stabil und krisenfest. In unterschiedlichen Lebensbereichen wie dem Arbeitsplatz oder der Nachbarschaft bestehen vielfältige Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, die größtenteils als positiv erlebt werden. Zudem bewerten Menschen mit Migrationsgeschichte ihre Deutschkenntnisse inzwischen besser als in der letzten Erhebung aus dem Jahr 2020. In ihrem Freundes- und Bekanntenkreis kommunizieren sie – ähnlich wie im übrigen Bundesgebiet – inzwischen häufiger auf Deutsch. Auch beim politischen Engagement sowie dem Institutionenvertrauen gibt es nur vereinzelt Abweichungen vom Durchschnitt im übrigen Bundesgebiet. Dennoch gibt es für die Integrationspolitik in Schleswig-Holstein weiterhin wichtige Aufgabenfelder: Wie im übrigen Bundesgebiet besteht eine deutliche Partizipationslücke im Bereich der politischen Beteiligung zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte.

Die Expertise stützt sich auf eine Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2022 und vergleicht diese mit Ergebnissen der Erhebung von 2020. Sie wurde im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein erstellt.

Kein Pass. Nirgends? Politische, rechtliche und verwaltungspraktische Ansätze im Umgang mit Staatenlosigkeit

Studie | Juni 2024

Die Zahl der in Deutschland lebenden Personen ohne oder mit einer ungeklärten Staatsangehörigkeit ist in den letzten Jahren stark gestiegen. In Deutschland sind die mit der Ausführung des Aufenthaltsrechts und des Staatsangehörigkeitsrechts befassten Behörden für die Feststellung von Staatenlosigkeit wichtige Akteure. Ihr Handeln bestimmt die Rechtsstellung und die Lebenspraxis der Betroffenen. Über die Entscheidungspraxis deutscher Ausländerbehörden im Kontext von Staatenlosigkeit gibt es bislang jedoch keine systematischen Erkenntnisse; die Verwaltung gilt als ‚Blackbox‘. Daher hat der wissenschaftliche Stab des SVR im Rahmen einer Studie untersucht, wie die Feststellung von Staatenlosigkeit in der behördlichen Praxis erfolgt, wer für die Behörden wann als staatenlos gilt, welche Ermessensspielräume es dabei gibt und welche Herausforderungen bestehen. Die Studie gibt Handlungsempfehlungen für die Politik auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene.

Die Studie wurde gefördert von der Robert Bosch Stiftung.

Neue Wege, neue Hürden? Die Staatsangehörigkeitsrechtsreform und mögliche Folgen für Behörden und vulnerable Gruppen

Policy Brief | Juni 2024

Am 27. Juni tritt das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in Kraft. Neben deutlichen Liberalisierungen bei der Einbürgerung bringt es auch Verschärfungen mit sich. So wird künftig die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung strenger gehandhabt; Ausnahmeregelungen werden weitgehend abgeschafft. Der wissenschaftliche Stab des SVR hat vor diesem Hintergrund untersucht, welche praktischen Auswirkungen die Änderung für Betroffene und Behörden haben kann. Zukünftig besteht für Menschen, die ihren Lebensunterhalt beispielsweise aufgrund von Erwerbsunfähigkeit, einer Behinderung oder wegen der Pflege von Angehörigen nicht eigenständig sichern können, kein Einbürgerungsanspruch mehr; ihnen steht nur eine Ermessenseinbürgerung mit entsprechender Härtefallprüfung offen. Es ist davon auszugehen, dass dies den Zugang zu politischen Teilhaberechten erschwert. Zudem ist mit einem höheren Aufwand für Behörden zu rechnen. Mittels einer Onlinestudie wurde auch ermittelt, wie Menschen in Deutschland zu Ausnahmeregelungen und Restriktionen in Zusammenhang mit der Einbürgerung vulnerabler Gruppen eingestellt sind. Dabei zeigt sich, dass die Bevölkerung gespalten ist: Gut vier von zehn Befragten befürworten Ausnahmen beim Kriterium der Lebensunterhaltssicherung für Auszubildende, Studierende, Personen, die Angehörige pflegen und Menschen mit Behinderung. Hingegen lehnt ein Viertel der Befragten bei erwerbsunfähigen, alleinerziehenden und Zugewanderten im Rentenalter eine Ausnahmeregelung grundsätzlich ab.

Stellungnahme zu den Möglichkeiten und Grenzen einer rechtskonformen Auslagerung von Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten

Stellungnahme | Juni 2024

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR), Prof. Dr. Hans Vorländer, und Prof. Dr. Winfried Kluth, Mitglied des SVR, wurden vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) eingeladen, aus Anlass eines Austausches von Sachverständigen im BMI im März 2024 Stellung zu den Möglichkeiten einer rechtskonformen Auslagerung von Asylverfahren in sichere Drittstaaten zu nehmen. Die im Nachgang des Gesprächs dem Ministerium übermittelte heute veröffentlichte gemeinsame Stellungnahme beider macht erhebliche Bedenken geltend.

Die diskutierten Vorschläge zu einer Auslagerung von Asylverfahren werfen erhebliche politische, juristische und operative Fragen auf. Das gilt vor allem für die Beachtung des in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Prinzips der Nichtzurückweisung sowie das Verbot der kollektiven Ausweisung. Eine Kooperation mit Drittstaaten und im internationalen Verbund ist auch im Flüchtlingsschutz unabdingbar. Dazu braucht es mehr und bessere Migrationsabkommen, bei denen die Verantwortung nicht einfach ausgelagert, sondern geteilt werden muss. Es geht um die Öffnung regulärer Zugangswege etwa im Bereich der Arbeitsmigration und Migration zum Zweck der Aus- und Weiterbildung. Eine reine Auslagerung von Verfahren und Schutz hingegen würde die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union in Fragen der Menschenrechte nachhaltig erschüttern.

Stellungnahme zu den Gesetzentwürfen zur Neuordnung im Migrationsbereich durch Schaffung einer zentralen Ausländerbehörde

Stellungnahme | Mai 2024

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) wurde vom Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz des Thüringer Landtags eingeladen, Stellung zu den dort beratenden Gesetzentwürfen zur Neuordnung im Migrationsbereich zu nehmen. Beide Gesetzentwürfe sehen die Schaffung einer zentralen Landesausländerbehörde vor und zielen damit auf eine überschaubare Umorganisation auf oberbehördlicher Ebene ab.

In seiner Stellungnahme begrüßt der SVR das Ansinnen der einbringenden Fraktionen, die Neuorganisation von Aufgaben und Zuständigkeiten gesetzlich zu regeln, obwohl viele der geplanten Maßnahmen auch untergesetzlich durch Erlasse oder Verwaltungsvorschriften umsetzbar wären. Ein Gesetzgebungsprozess werde der fortgesetzten Bedeutung von Fragen der Migrationssteuerung im Freistaat Thüringen gerecht und ermögliche eine breitere öffentliche Debatte sowie die Möglichkeit, im Rahmen von Beteiligungsverfahren die Positionen unterschiedlicher Akteure einzubeziehen. Im Weiteren setzt sich der SVR auch dezidiert mit einzelnen Regelungsvorschlägen der Fraktionen auseinander und bewertet diese. Dabei regt er an, die neue zentrale Ausländerbehörde so auszugestalten, dass sie von den kommunalen Behörden als echte Unterstützung und Servicestelle wahrgenommen werden kann.

Kontinuität oder Paradigmenwechsel? Die Integrations- und Migrationspolitik der letzten Jahre

Jahresgutachten | Mai 2024

Die migrations- und integrationspolitische Entwicklung der letzten fünf Jahre war geprägt durch eine sehr hohe Zahl von Schutzsuchenden und die damit einhergehen­den Belastungen, einen wachsenden Bedarf an Arbeits­kräften aus Drittstaaten und eine Verschärfung der poli­tischen Debatten. Der deutsche Gesetzgeber und die zuständigen Verwaltungen haben darauf mit zahlreichen Maßnahmen reagiert. Auf der Ebene der Europäischen Union wurde nach vielen Jahren des Stillstands eine Reform des Gemeinsamen Europäi­schen Asylsystems beschlossen.

Der SVR beschreibt in seinem 15. Jahresgutachten, welche Maßnahmen im Bereich Migration und Integration getroffen wurden und wie sie sich in der Praxis darstellen.

Die Analyse zeigt: Das Politikfeld Migration und Integration gehörte zu den dynamischsten überhaupt. Obwohl die öffentlichen Debatten teilweise sehr zugespitzt geführt wurden und dadurch politischer Handlungsdruck entstand, folgten Politik und Gesetzgebung weitestgehend schon zu­vor beschrittenen Pfaden. Punktuell wurden jedoch auch neue Akzente gesetzt. Die Integrations- und Migrationspolitik war dabei geprägt durch das Ringen um eine Balance zwischen Öffnung und Restriktion, Integrationsförderung und Zuwanderungskontrolle.

Integration in Rheinland-Pfalz. Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2022

Expertise | Mai 2024

In Rheinland-Pfalz erweisen sich die Einschätzungen der Bevölkerung zu Integration trotz der vielfältigen Herausforderungen, die sich etwa durch große Fluchtbewegungen seit 2015 ergeben, als außerordentlich stabil und krisenfest. Das Integrationsklima hat sich insgesamt positiv entwickelt – es liegt auf dem Niveau des übrigen Bundesgebiets. Menschen in Rheinland-Pfalz zeichnen sich zudem durch ein großes Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland und zum eigenen Bundesland aus. Personen mit Migrationsgeschichte zeigen darüber hinaus eine überaus hohe emotionale Bindung an den eigenen Wohnort – mehr als die Vergleichsgruppe im übrigen Bundesgebiet. Auch bestehen in Rheinland-Pfalz in vielen Lebensbereichen, besonders dem Arbeitsmarkt, regelmäßige Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte. Herkunftsbedingte Benachteiligungserfahrungen sind rückläufig – der entsprechende Anteil liegt geringfügig unter dem im übrigen Bundesgebiet. Anders als im übrigen Bundesgebiet ist die politische Beteiligung in Rheinland-Pfalz unter Menschen mit Migrationsgeschichte zurückgegangen.

Die Expertise stützt sich auf eine Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2022 und vergleicht diese mit Ergebnissen der Erhebung von 2020. Sie wurde im Auftrag des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) erstellt.

Motive und Motivation in der Flüchtlingshilfe. Ergebnisse einer Befragung zum freiwilligen Engagement

Studie | April 2024

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 war zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren eine Welle der Hilfsbereitschaft zur Unterstützung von Flüchtlingen zu beobachten. Doch ähnlich wie 2015/16 ließen Zeit-, Geld- und Sachspenden nach wenigen Monaten wieder nach. Vor diesem Hintergrund hat der wissenschaftliche Stab des SVR im Rahmen einer Engagementbefragung untersucht, welche Motive und Einstellungen einer freiwilligen Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe zugrunde liegen. Dabei zeigt sich beispielsweise, dass jede vierte Person, die noch nicht in der Flüchtlingshilfe aktiv ist, sich ein solches Engagement vorstellen kann. Um diese ungenutzten Potenziale besser ausschöpfen zu können, diskutiert die Studie Handlungsempfehlungen für künftige Mobilisierungsstrategien, die sich an Politik und Verwaltung in den Kommunen sowie an Arbeitgebende, Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen vor Ort richten.

Die Studie entstand im Rahmen des Projekts „Solidarität in der Aufnahmegesellschaft: Wahrnehmung Geflüchteter und Determinanten für Engagement und Hilfsbereitschaft“, das von der Stiftung Mercator gefördert wird. Die empirische Grundlage bildet eine Engagementbefragung aus dem Jahr 2023, die drei Befragungswellen zwischen Februar und August 2023 mit insgesamt mehr als 4.000 Teilnehmenden umfasste.

Langsames Ende des Anwerbungsverbots? Auswirkungen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung für die Leiharbeit

Kurzinformation | Februar 2024

Am 1. März 2024 trat die zweite Stufe der im Sommer 2023 beschlossenen Neuregelungen zur Fachkräfteeinwanderung in Kraft. Dadurch können ausländische Arbeitskräfte künftig in vielen Bereichen einfacher angeworben werden. Für die Leiharbeit soll dies jedoch grundsätzlich nicht gelten. Das generelle Anwerbungsverbot bleibt auch nach neuer Gesetzeslage bestehen. Allerdings enthalten die neuen Regelungen so viele Ausnahmen, dass die Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte für Tätigkeiten in der Leiharbeit dessen ungeachtet leichter möglich wird.

Die SVR-Kurzinformation analysiert Umfang und Wirkung der Änderungen und stellt Überlegungen zu einem grundsätzlichen Systemwechsel hinsichtlich der Anwerbung in die Leiharbeit an.