Veranstaltungen – Sachverständigenrat

Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in Deutschland und in Polen: Ähnlichkeiten, Unterschiede, Herausforderungen

2. Polnisch-Deutscher Dialog zu Flüchtlingspolitik in Polen, Deutschland und Europa am 9. Mai 2017 in Warschau

Beim Thema Zuwanderung und Integration nehmen Polen und Deutschland derzeit in der Debatte gegensätzliche Positionen ein, wobei die Herausforderungen, denen die beiden Länder gegenüberstehen, unterschiedlicher Natur sind. Während in Deutschland im Jahr 2016 knapp 745.000 Asylanträge gestellt wurden, waren es in Polen rund 12.300. Hier fällt die Arbeitsmarktzuwanderung v.a. aus der Ukraine demgegenüber deutlich stärker ins Gewicht.

„Polen braucht eine Debatte über Migration und Integration, die nicht nur auf politischer, sondern auch auf wissenschaftlicher Ebene geführt wird“, unterstrich zu Beginn Dr. Witold Klaus vom Zentrum für Migrationsforschung (CMS) der Universität Warschau. Als Ausgangspunkt für den 2. Polnisch-Deutschen Dialog mit Experten aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diente das SVR-Jahresgutachten 2017 mit dem Titel „Chancen in der Krise: Zur Zukunft der Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa“.

SVR-Mitglied Prof. Dr. Gianni D’Amato stellte die integrationspolitischen Weichenstellungen in Deutschland mit Blick auf den Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt ebenso dar wie die derzeit in Deutschland geführte Diskussion über die soziale Integration und die Frage der Werteübernahme durch Flüchtlinge. Der Frage, wie die Integration von Zuwanderern gelingen könne und wie Länder mit Pluralität umgehen und wie Ängste gegenüber Fremden und vor allem Muslimen abgebaut werden können, stelle sich für viele Länder derzeit. Er betonte, dass man gerade in liberalen Gesellschaften Menschen nicht auf ihre Religion reduzieren dürfe, sondern das Individuum sehen müsse. „Wer Schutz in Europa sucht, der entscheidet sich gleichzeitig auch für eine gewisse Weltanschauung“, so Prof. D’Amato.

Dass sich die Anerkennungsquoten für Asylsuchende aus bestimmten Herkunftsländern zwischen den Mitgliedstaaten der EU zum Teil erheblich unterscheiden (‚Asyl-Lotterie‘), stieß auch bei den polnischen Experten auf Kritik. Vor diesem Hintergrund plädierten sie für eine einheitliche Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Sie betonten gleichzeitig, dass die unterschiedlichen Aufnahmestandards auch weiterhin zu Sekundärmigration führen werden.

Auf großes Interesse der Teilnehmer stieß der Vorschlag des SVR zur an Bedingungen geknüpften Freizügigkeit für anerkannte Asylbewerber in der EU. Dies sei ein interessanter Ansatz und entspreche dem Bedürfnis der Flüchtlinge, ihr Zielland nach einem positiven Abschluss des Asylverfahrens frei zu wählen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ggf. in der Folge mehr Flüchtlinge nach Polen kämen, wurde als eher gering eingeschätzt. Diskutiert wurde auch die Frage, wie durch einen Flüchtlingsfonds, in den alle EU-Mitgliedstaaten einzahlen würden entsprechend bestimmter Kriterien, ein Ausgleich für die Länder geschaffen werden könne, die besonders viele Flüchtlinge aufnehmen. Eine auferlegte Umverteilung der Flüchtlinge – wie sie in der EU diskutiert wird – würde die Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen nicht fördern, so SVR-Mitglied Prof. Dr. Christian Joppke.

Der Polnisch-Deutsche Dialog wurde gemeinsam vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten in Warschau und dem Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) organisiert. Die beiden Veranstaltungen wurde ermöglicht durch eine Förderung des Foundation Open Society Instituts in Kooperation mit OSIFE of the Open Society Foundations. Die erste Veranstaltung fand am 30. März in Berlin statt: https://www.svr-migration.de/veranstaltungen/veranstaltungen-svr/roundtable/.

Das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych, ISP) wurde 1995 als unabhängiges Forschungs- und Beratungsinstitut gegründet. Es will den Reformprozess in Polen konstruktiv begleiten und führt Programme in den Bereichen Europa-, Sozial-, Gesellschafts- sowie Migrationspolitik durch. Weitere Informationen finden Sie unter: www.isp.org.pl

Um die Einschätzungen des SVR zur deutschen und europäischen Migrations- und Integrationspolitik auch einer polnischsprachigen Leserschaft zugänglich zu machen, wurden Auszüge der SVR-Jahresgutachten zur Flüchtlingspolitik in Europa und Deutschland sowie der Integration von Zuwanderern in Deutschland in das Polnische übersetzt. Die Texte stehen Ihnen hier zur Verfügung:

Informacja Prasowa 25.04.2017

Dziesięć Głównych Tez (Ekspertyza Roczna 2017)

Rada Ekspertów Niemieckich Fundacji ds. Integracji i Migracji (SVR)

Dziesięć Głównych Tez (Ekspertyza Roczna 2015)

Na tle międzynarodowym Niemcy plasują się w lidze progresywnych państw imigracyjnych. SVR rekomenduje dla Niemiec stworzenie całościowej koncepcji polityki migracyjnej i strategiczne zdeklarowanie się jako kraj imigracyjny.(Informacja Prasowa 28.04.2015)

Jedenaście Kluczowych Tez (Ekspertyza Roczna 2016)

SVR-Barometr Integracji 2016

„Równe prawa dla wszystkich“: Niemiecka polityka otwartości religijnej działa integrująco, ale niektóre kwestie pozostają nierozwiązane (Informacja Prasowa 26.04.2016)

Fotos: ISP