Veranstaltungen – Sachverständigenrat

Reformen, die wirken? Die Umsetzung von neuen Instrumenten der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen

Fachgespräch zum SVR-Jahresgutachten 2025 am 30. Oktober 2025 in Düsseldorf

Prof. Dr. Birgit Leyendecker, Mitglied des SVR, präsentierte am 30. Oktober in Düsseldorf zentrale Befunde des aktuellen SVR-Jahresgutachtens zum Thema „Reformen, die wirken? Zur Umsetzung von aktuellen Migrations- und Integrationsgesetzen“. Auf dem regionalen Fachgespräch, zu dem der SVR eingeladen hatte, stellte Prof. Leyendecker die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen des Gutachtens zum Thema Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten vor. Sie wies eingangs auf das Spannungsfeld zwischen Rechtsetzung und Umsetzung hin. Zwar habe die Politik im Bereich Migration und Integration außerordentlich viele Veränderungen auf den Weg gebracht. Zugleich hinke die Umsetzung von Gesetzen durch die Verwaltungen in Bund und Ländern noch hinterher. Gute Gesetzgebung denke die Umsetzung mit und beziehe die Praxis in Praxischecks ein; zudem dürfe das Personal in den ausführenden Behörden nicht überlastet werden. Schnelligkeit sei daher nicht alles.

Um die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu beschleunigen, habe die Bundesregierung im Herbst 2023 den Job-Turbo auf den Weg gebracht. Kernelement des Programms ist die Förderung eines frühen Berufseinstiegs, auch in unqualifizierte Tätigkeiten, ohne aber die sprachliche Qualifizierung aufzugeben. Während intensivierte Beratungsaktivitäten für die Jobcenter ein verpflichtendes Element sind, liegt der Einsatz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen im Ermessen der kommunalen Behörden, und werde daher unterschiedlich intensiv bei der Zielgruppe eingesetzt. Inwiefern sich die seit 2024 steigenden Erwerbsquoten bei der Zielgruppe unmittelbar auf das Bundesprogramm zurückführen lassen, könne empirisch noch nicht nachvollzogen werden.

Danach umriss Prof. Leyendecker noch kurz das Chancen-Aufenthaltsrecht, das es Geduldeten ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen ihren Aufenthalt zu regularisieren. Sie wies darauf hin, dass das Gesetz für die Betroffenen grundsätzlich attraktiv gestaltet sei und die als Brücke in einen nachhaltigen Aufenthalt konzipierte Option viel Nachfrage gefunden habe. Allerdings seien bislang noch wenige Betroffene in die Anschlussnormen übergegangen.  

Die anschließende vertrauliche Diskussion mit den Teilnehmenden aus Politik, Kommunen, Wirtschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft wurde von der SVR-Geschäftsführerin Dr. Cornelia Schu moderiert.

Die Teilnehmenden erörterten ausführlich das Chancen-Aufenthaltsrecht: Hier bestand Konsens, dass es grundsätzlich eine gute Brücke für Geduldete darstellt. Es sei aber zu evaluieren, ob das auf 18 Monate konzipierte Aufenthaltsrecht ausreiche, damit die Personen die Voraussetzungen für einen Übergang in Bleiberechte (was etwa Spracherwerb oder die Identitätsklärung betrifft) erfüllen. Es gebe Hinweise, dass manche etwas mehr Vorlauf gebraucht hätten. Zudem stelle sich die Frage, ob nicht Nachfolgeregelungen sinnvoll seien.

Der Ansatz des Job-Turbo, Spracherwerb und Arbeitsaufnahme stärker zu verbinden und damit früh anzusetzen, wurde allgemein begrüßt. Mehrere Anwesende wiesen darauf hin, dass eine an den individuellen Fähigkeiten, Interessen und Bedarfen der Menschen orientierte Arbeitsmarktintegration und Qualifizierung zielführend ist. So könne neben den mitgebrachten Berufserfahrungen und Qualifikationen etwa die gesundheitliche Lage ein Faktor sein. Erörtert wurde hier auch, dass eine Verteilung von Geflüchteten, die Arbeitsmarktlagen wie entsprechende Profile der Geflüchteten mitberücksichtigt, ein guter Weg sein könnte, um das Matching zu verbessern und die Arbeitsmarktintegration zu erleichtern. Der Pilotversuch in NRW, dass Agenturen bereits in drei Erstaufnahmeeinrichtungen beraten, sei vielversprechend, eine Ausweitung sinnvoll. Eine Vermittlung in Helfertätigkeiten sei wie auch Praktika – ein möglicher Weg in den Arbeitsmarkt; bei Personen mit entsprechenden Qualifikationen müssten dann auch Optionen zur Weiterentwicklung bestehen.

Was die Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen betrifft, wurde auf die Bedeutung von Kinderbetreuung hingewiesen. Bei ukrainischen Frauen seien anfangs die Rückkehrabsichten groß gewesen, sie seien zudem oft als Alleinerziehende gekommen –beides hemmende Faktoren für eine rasche Arbeitsaufnahme. Prof. Leyendecker wies darauf hin, dass ukrainische Frauen häufig sehr gut qualifiziert seien. Hier müsse es besser gelingen, ihre Potenziale zum Beispiel als pädagogisches Personal in Kitas und Schulen zu nutzen.

Eine Zurückhaltung von Arbeitgebenden, Geflüchtete zu beschäftigen, sei auch der aktuellen Wirtschaftslage geschuldet. Außerdem gebe es gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen Beratungsbedarfe; sie seien sehr an Planungssicherheit interessiert. Als guter Ansatz wurden hier die vielerorts in NRW unternommenen Versuche der Bündelung von Expertise in One-Stop-Shops gesehen, die staatliche Stellen zum Beispiel mit Handwerkskammern und Beratungseinrichtungen zusammenbringen, so dass auf Beratungsbedarfe von Flüchtlingen wie von Betrieben eingegangen werden kann. Das Kommunale Integrationsmanagement (KIM) biete mit dem Casemanagement die Möglichkeit, rechtskreisübergreifend zu beraten und schließe eine Lücke. Grundsätzlich sei die Kooperation verschiedener Stellen (seien es Ressorts auf Landesebene oder der Behörden untereinander sowie mit weiteren Akteuren) ein Schlüssel, die vorhandenen Herausforderungen zu der auch die aktuelle Stimmungslage zähle – zu bewältigen.

Dr. Cornelia Schu, SVR gGmbH, begrüßt die Teilnehmenden.

Prof. Birgit Leyendecker, SVR, stellt das Jahresgutachten 2025 vor.

 

Weitere Eindrücke vom Fachgespräch.

Fotos: SVR gGmbH

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