Veranstaltungen – Sachverständigenrat

Klimawandel und Migration: Was wir über den Zusammenhang wissen und welche Handlungsoptionen es gibt

Virtuelles Fachgespräch zum SVR-Jahresgutachten 2023 am 30. November 2023

Am 30. November 2023 stellte Prof. Dr. Marc Helbling, Mitglied des SVR, die wichtigsten Erkenntnisse des aktuellen SVR-Jahresgutachtens zum Thema „Klimawandel und Migration: Was wir über den Zusammenhang wissen und welche Handlungsoptionen es gibt“ im Rahmen eines virtuellen Fachgesprächs mit Fachleuten aus dem Norden vor. Der SVR empfiehlt die umfassende Nutzung des gesamten migrationspolitischen Instrumentariums im Umgang mit klimawandelbedingter Migration. Dass diese zunehmen werde, sei bei allen Unsicherheiten über das konkrete Ausmaß im Detail unter Experten unstrittig. Dabei sei Klimawandel kein eigenständiger Faktor, sondern wirke verstärkend auf bekannte Treiber von Migration. Prof. Helbling erläuterte die vom SVR vorgeschlagenen Instrumente, darunter einen Klima-Pass, eine Klima-Card und ein Klima-Arbeitsvisum. Diese Maßnahmen können nicht nur von Deutschland, sondern auch von anderen Ländern implementiert werden. Zudem besteht die Möglichkeit, sie gegebenenfalls auf weitere politische Ebenen wie die Europäische Union zu übertragen.

Die nachfolgende vertrauliche Diskussion mit den Teilnehmenden aus Verwaltung, Verbänden und Zivilgesellschaft wurde von SVR-Geschäftsführerin Dr. Cornelia Schu moderiert.

Allgemein wurde die Sorge geteilt, dass im Zuge der aktuellen politisch zugespitzten Debatte die Dringlichkeit der Regulierung der klimawandelbedingten Migration in den Hintergrund rücke, weil Krisen sich überlagern und sozusagen miteinander konkurrieren. Zugleich zeige nicht zuletzt die aktuelle Weltklimakonferenz, wie dringlich das Handeln im Bereich einer Klimapolitik ist, die auch die Migrationspolitik umfasst. Die politische Debatte über den Umgang mit klimawandelbedingter Migration stehe aber noch am Anfang. Das SVR-Jahresgutachten wurde als wichtiger Impuls hierfür eingeschätzt.

Prof. Helbling wies auf den Aspekt der Akzeptanz hin. So gebe es empirische Studien zur Einstellung der Bevölkerung gegenüber Personen, die geflüchtet sind. Die Akzeptanz von Geflüchteten sei dabei an die Frage gekoppelt, ob sie für ihr Schicksal selbst verantwortlich seien. Politische oder klimawandelbedingte Fluchtgründe würden demnach auf mehr Verständnis in der Bevölkerung treffen.

Die migrationspolitischen Instrumente, die der SVR vorschlägt, seien abgestuft konzipiert, auch im Sinne der Akzeptanz der Bevölkerung. Ein Beispiel hierfür ist das weitreichende Instrument des Klima-Passes, das nur bei Personengruppen zum Einsatz kommt, deren Herkunftsland unbewohnbar wird. Ein aktueller Fall sei gerade bekannt geworden: So hat Australien mit Tuvalu ein Abkommen ausgehandelt zur Aufnahme seiner Bürger im Falle des erwarteten Anstiegs des Meeresspiegels.

Angesichts des schon komplexen Migrationsrechts wurde die Frage aufgeworfen, ob die SVR-Vorschläge die Lage noch komplizierter machen. Prof. Helbling betonte, dass die neuen Instrumente auf bestehenden Instrumenten basieren und es insofern nicht zwingend komplizierter würde. Zudem würden länderbezogene Kontingente wie im Fall der Klima-Card die Aufnahme insofern erleichtern, als nicht bei jeder Person individuell geprüft werden müsse, ob sie vom Klimawandel konkret betroffen sei.