Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren

Stellungnahme | Oktober 2022

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) wurde eingeladen, zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren des Bundesministeriums für Inneres und für Heimat Stellung zu nehmen. Der SVR erachtet die Verfahrensbeschleunigung von Asylverfahren als dringend erforderlich und begrüßt daher das mit dem Gesetzesentwurf verfolgte Anliegen. Denn faire und zügige Asylverfahren liegen aus Sicht des SVR im Interesse der Schutzberechtigten und des Staates, da lange Verfahren die Integration der bleibeberechtigten Personen verzögern. Auch bei denjenigen, deren Asylgesuch abgelehnt wird, erschweren lange Verfahren die freiwillige Beachtung oder zwangsweise Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht. Im Fall einer Gesetzesänderung müssen die Bundesländer nach Ansicht des SVR notwendige administrative Ressourcen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bereitstellen. Von zentraler Bedeutung ist, dass bei der Beschleunigung Transparenz und Fairness gewahrt oder erhöht werden. Die unabhängige Asylverfahrensberatung kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Der SVR begrüßt außerdem, dass die Regelüberprüfung von Asylbescheiden abgeschafft werden soll. Damit können die vorhandenen Kapazitäten im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besser zur weiteren Beschleunigung der Asylverfahren genutzt werden. Zudem wird eine unnötige Beunruhigung von anerkannten Flüchtlingen vermieden.

Antimuslimische und antisemitische Einstellungen im Einwanderungsland – (k)ein Einzelfall?

Studie | Oktober 2022

Antimuslimische und antisemitische Einstellungen in Deutschland sind seit Jahren Gegenstand der öffentlichen wie politischen Debatte. Sie stören das gesellschaftliche Zusammenleben. In jüngster Zeit wurden zudem mehr derartig politisch motivierte Straftaten registriert. Die Studie zeigt, dass antimuslimische und antisemitische Einstellungen keine Randphänomene sind. Sie sind sowohl bei Menschen mit als auch ohne Migrationshintergrund verbreitet. Dabei hängen sie – das zeigt die Auswertung von Daten des SVR-Integrationsbarometers 2020 – vor allem mit Merkmalen wie der Bildungsbiografie, interkulturellen Kontakten und der sozialen Schicht oder etwa Diskriminierungserfahrungen und Religionszugehörigkeit zusammen. Vor diesem Hintergrund hat der wissenschaftliche Stab des SVR Handlungsempfehlungen für die (Integrations-)Politik entwickelt und dabei insbesondere auch die Möglichkeiten auf kommunaler Ebene, in Bildungseinrichtungen und Religionsgemeinschaften in Betracht gezogen.

Ein Videostatement des Autors Dr. Friedrichs und der Autorin Dr. Storz können Sie sich ansehen, wenn Sie diesem Link zur Videoplattform YouTube folgen.

Zuzug ausländischer Arbeitskräfte erleichtern. Chancen und Risiken eines Punktesystems

Positionspapier | September 2022

Mit der Einführung der von der Regierungskoalition geplanten Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems könnte das Erwerbsmigrationsrecht vor einem Systemwechsel stehen. Dafür ist laut Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) in der Politik ein Umdenken nötig: Statt wie bisher bei ausländischen Arbeitskräften vor allem auf eine als gleichwertig anerkannte Berufsausbildung zu setzen, würden insbesondere materielle Qualifikationen wie etwa Berufserfahrung und Sprachkenntnisse im Bereich der unreglementierten Berufe an Bedeutung gewinnen.

Im Positionspapier erläutert der SVR, welche Chancen und Risiken mit einem Punktesystem einhergehen. Damit ein solches System einen Mehrwert darstellt, sollte der Anwendungsbereich weiter gefasst werden als im Koalitionsvertrag skizziert, der die Möglichkeiten der Jobsuche ausweiten will. Der SVR schlägt vor, auch solche Ausländerinnen und Ausländer in den Blick zu nehmen, die im deutschen Erwerbsmigrationsrecht bislang nicht systematisch erfasst sind: Arbeitskräfte ohne Formalqualifikation, die bestimmte Kriterien erfüllen. Zusätzlich sollten Anerkennungsverfahren schlanker und transparenter gestaltet und beteiligte Behörden gestärkt werden.

‚Zeitenwende‘ bei der Arbeitsmarktintegration? Teilhabe und Prekarität von Ukrainerinnen und Ukrainern am deutschen Arbeitsmarkt

Policy Brief | August 2022

Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine waren ukrainische Arbeitskräfte häufig unter prekären Arbeitsbedingungen im juristischen Nischen- und Graubereich des deutschen Niedriglohnsektors beschäftigt. Durch die Aktivierung der Massenzustrom-Richtlinie sind ukrainische Geflüchtete in Deutschland kollektiv anerkannt und erhalten einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt und den arbeitsfördernden Maßnahmen und Leistungen der deutschen Grundsicherung. Der Policy Brief untersucht, inwieweit für Personen aus der Ukraine unter den Rahmenbedingungen der Erwerbsmigration und denen der Fluchtmigration das Risiko prekärer Arbeits- und Lebensbedingungen besteht. Für ukrainische Geflüchtete wurden durch die Aktivierung der Massenzustroms-Richtlinie und den Wechsel in die deutsche Grundsicherung zentrale rechtliche Teilhabebeschränkungen abgebaut. Strukturelle Hürden der Teilhabe am Arbeitsmarkt und in der behördlichen Praxis sind jedoch damit nicht überwunden, sodass das Risiko für prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen weiterhin besteht.

Jahresbericht 2021

Jahresbericht | August 2022

2021 war ein besonderes Jahr: Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) ging in die vollständige institutionelle Förderung des Bundes über. Damit kann der 2008 auf Initiative mehrerer Stiftungen hin gegründete Rat seine Arbeit als unabhängiges Gremium der wissenschaftsbasierten Politik- und Öffentlichkeitsberatung mit dem expliziten Mandat der Politik fortsetzen. Inhaltlich stand das Thema politische Partizipation im Fokus – die bestehenden Möglichkeiten und Optionen zur Weiterentwicklung erörterte u. a. das SVR-Jahresgutachten 2021, das sich dem Umgang des Einwanderungslands Deutschland mit dem „Normalfall Diversität“ in verschiedenen Bereichen widmet. Vor dem Hintergrund der Bundestagswahl, aber auch im Zuge aktueller Entwicklungen in Afghanistan und an der EU-Außengrenze zu Belarus rückten weitere wichtige Fragen in den Mittelpunkt: Welche integrations- und migrationspolitischen Prioritäten sollte eine nachhaltige Politik in der neuen Legislaturperiode verfolgen; und wie können Geflüchtete weltweit beispielsweise über Resettlement solidarisch aufgenommen werden? Der erstmals veröffentlichte Jahresbericht gibt einen Einblick in Aufgaben und Arbeit des SVR und der ihn unterstützenden Geschäftsstelle.

Jahresbericht – Download:

Flüchtlinge als Neubürgerinnen und Neubürger. Das Potenzial der nächsten Jahre

Policy Brief | Juni 2022

Immer mehr Menschen, die 2015/16 nach Deutschland geflohen und mittlerweile gut integriert sind, erfüllen die Voraussetzungen und lassen sich einbürgern. So erhielten im Jahr 2021 bundesweit 19.100 syrische Staatsangehörige den deutschen Pass – fast dreimal so viele wie im Jahr zuvor. Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) Projektionen des Einbürgerungsaufkommens für die nächsten Jahre entwickelt. Demnach sind insbesondere bis 2024 erhebliche Steigerungsraten bei den Einbürgerungen von Syrerinnen und Syrern zu erwarten – vorausgesetzt, die Behörden können entsprechend hohe Antragszahlen ohne massive Verzögerungen bewältigen. Im Policy Brief diskutieren die Autoren konkrete Prognosen und benennen Handlungsnotwendigkeiten, um einen ‚Einbürgerungsstau‘ zu vermeiden und potenzielle Neubürgerinnen und Neubürger nicht durch zu lange Wartezeiten zu enttäuschen. Zentral ist dabei eine personelle Aufstockung in den Einbürgerungsbehörden. Auch eine weitere Digitalisierung bietet Möglichkeiten, dem steigenden Einbürgerungsinteresse gerecht zu werden.

Ein Videostatement des Co-Autors Dr. Jan Schneider können Sie sich ansehen, wenn Sie diesem Link zur Videoplattform YouTube folgen.

Integration in Rheinland-Pfalz. Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2020

Expertise | Juni 2022

Der Stand der Integration in Rheinland-Pfalz kann insgesamt als positiv bewertet werden. Das hat eine Befragung von Personen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte ergeben, die für das SVR-Integrationsbarometer 2020 durchgeführt wurde. Das Integrationsklima entspricht etwa dem des übrigen Bundesgebietes, wobei es in Rheinland-Pfalz von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund positiver bewertet wird als von Männern. In Bezug auf die aktive politisch-gesellschaftliche Teilhabe konnten – so wie im übrigen Bundesgebiet auch – Partizipationsdefizite bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund festgestellt werden. So ist die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund erheblich häufiger politisch aktiv und engagiert sich öfter in und außerhalb von Vereinen als Zugewanderte und ihre Nachkommen.

Die Expertise stützt sich auf eine Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2020 und wurde im Auftrag des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) erstellt.

Neue Diaspora? Engagement und transnationale Netzwerke der afghanischen und syrischen Communities in Deutschland

Policy Brief | Juni 2022

Die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen aus Afghanistan und Syrien ist im vergangenen Jahrzehnt infolge der Fluchtmigration stark gestiegen. Die Communities sind jung und heterogen, und ihre Mitglieder werden größtenteils dauerhaft in Deutschland bleiben. Mit ihnen sind neue Diaspora-Organisationen entstanden, die sich humanitär oder gesellschaftspolitisch für das jeweilige Herkunftsland bzw. ihre Communities in Deutschland engagieren. Der Policy Brief fasst aktuelle Zahlen und Fakten zur afghanistan- und syrienstämmigen Bevölkerung in Deutschland zusammen und präsentiert auf der Basis von zwei wissenschaftlichen Expertisen erste Befunde zu den Strukturen und Tätigkeitsfeldern der Diaspora-Organisationen. Die Publikation ist Teil eines breit angelegten Forschungsprojekts. In dessen Rahmen analysiert der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR), wie das zivilgesellschaftliche und transnationale Engagement der afghanischen und syrischen Communities in Deutschland zu verstehen ist und welche gesellschaftspolitischen Chancen und Herausforderungen sich daraus ergeben.

Ein Videostatement der Autorin Karoline Popp können Sie sich ansehen, wenn Sie diesem Link zur Videoplattform YouTube folgen.

Systemrelevant: Migration als Stütze und Herausforderung für die Gesundheitsversorgung in Deutschland

Jahresgutachten 2022

Jahresgutachten | Mai 2022

Ein funktionierendes Gesundheitssystem ist maßgeblich für das Wohlergehen einer Gesellschaft. Im Jahresgutachten 2022 stellt der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) fest, dass Fachkräfte mit Zuwanderungsgeschichte einen unverzichtbaren Beitrag zum deutschen Gesundheitssystem leisten. Um die Versorgung auch künftig zu gewährleisten, sieht er Nachbesserungsbedarf bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen und der Nachqualifizierung. Prozesse müssen vereinfacht, beteiligte Behörden stärker verzahnt und die Zuwanderung in die Ausbildung mehr gefördert werden. Auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mahnt der SVR zudem an, die Arbeitsbedingungen grundlegend zu verbessern. Um eine chancengleiche und herkunftsunabhängige Gesundheitsversorgung sicherzustellen gilt es, das Gesundheitswesen diversitätssensibler zu gestalten.

Videostatement der SVR-Vorsitzenden Prof. Petra Bendel zur Veröffentlichung des Jahresgutachtens (Link bewirkt Weiterleitung zu YouTube)

Videostatement des Stellv. SVR-Vorsitzenden Prof. Daniel Thym zu einer diversitätssensiblen Gesundheitsversorgung (Link bewirkt Weiterleitung zu YouTube)

Integration gelungen? Lebenswelten und gesellschaftliche Teilhabe von (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedlern

Studie | März 2022

(Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler stellen mit derzeit ca. 2,6 Millionen in Deutschland lebenden Menschen eine der größten Zuwanderungsgruppen dar, zu der es jedoch kaum aktuelle und umfassende Studien gibt. Daher hat der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) in Kooperation mit dem Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den aktuellen Stand der Integration und Teilhabe von (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedlern untersucht. Auf Basis aktueller Daten des Mikrozensus sowie des SVR-Integrationsbarometers wurden strukturelle, soziale und kulturell-identifikatorische Teilhabeaspekte sowie die politischen Einstellungen der (Spät-)Aussiedlerbevölkerung analysiert und der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sowie anderen selbst Zugewanderten gegenübergestellt.

Die Analyse zeigt: (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler sind insgesamt gut integriert, verfügen über eine hohe Arbeitsmarktbeteiligung, gute Deutschkenntnisse und zahlreiche Kontakte zu Deutschen ohne Migrationshintergrund. Zugewanderte mit (Spät-)Aussiedlerstatus, die aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion stammen, finden sich im direkten Vergleich mit (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler aus anderen Herkunftsländern allerdings vielfach in einer ungünstigeren Position: Sie sind im Durchschnitt ökonomisch etwas schlechter gestellt, haben geringere deutsche Sprachkenntnisse und bezeichnen sich seltener als politisch interessiert bzw. kompetent. Diese Unterschiede stehen nicht zuletzt in Zusammenhang mit dem Bildungsniveau und ihrer durchschnittlich kürzeren Aufenthaltsdauer in Deutschland.

Das Forschungsvorhaben wurde durch eine Zuwendung des BAMF gefördert.

Ein Videostatement des Co-Autors Dr. Nils Friedrichs können Sie sich ansehen, wenn Sie diesem Link zur Videoplattform YouTube folgen.

 In Folge 25 des Podcasts "Steppenkinder. Der Aussiedler Podcast" spricht Dr. Nils Friedrichs über die Studienergebnisse (Link bewirkt Weiterleitung zu den Seiten des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte).

Akademische Viertelstunde: In einem Videobeitrag stellt Dr. Nils Friedrichs die Ergebnisse der Studie vor (Link bewirkt Weiterleitung zum YouTube-Kanal des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland (BKDR)).